Kommentar Der Streit um die Energiewende - In Weiß und Blau

Das Jahr ist noch jung, die große Koalition ist es ebenfalls. Und schon gibt es Zoff. Das Besondere in diesem Fall: Die CSU zankt mit sich selbst. Die Christsozialen, zur Betonung von Eigenständigkeit und Profil selten um eine Spitze gegen die politische Konkurrenz verlegen, suchen ihren Plan für das große Zukunftsthema Energiewende. Nun gut, die CSU hat in der Debatte um sogenannte Armutszuwanderung aus anderen EU-Ländern oder bei dem mit CDU und SPD verabredeten gesetzlichen Mindestlohn gleich sichtbar Flagge gezeigt.

Doch die Energiewende wird für Horst Seehofer und Gefährten zum ersten Stolperstein in der neuen Bundesregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Frage des Energiemixes der Zukunft für die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde zur Gesamtaufgabe erklärt. Man achte auf die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin. Vorteil CDU. Und die SPD hat sich mit ihrem Parteichef Sigmar Gabriel die Ressortzuständigkeit für die Energiewende im Bundeswirtschaftsministerium gesichert. Vorteil SPD. Beide, Merkel und Gabriel, waren selbst einmal Bundesumweltminister. Beide werden versuchen, der Energiewende ihre Note zu geben, so weit es der jeweils andere zulässt.

Und die CSU? Deren bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat sich fein ausgedacht, die Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu strecken und in die Zukunft zu verlagern. Einen Teil des Megaprojektes Energiewende soll so die nächste Generation tragen.

Das will Seehofer nicht und wirft deshalb die (Gegen-)Windmaschine an. Der CSU-Chef will vor allem die Grundlast für jene Tage oder Wochen gesichert sehen, wenn Atomkraftwerke teilweise bereits abgeschaltet sind, der Wind weniger stark weht oder die Sonne nicht scheint. Versorgungssicher, umweltverträglich und (Verbraucher sind Wähler) bezahlbar soll und muss diese Energiewende werden, wenn der Standort Deutschland keine Nachteile im internationalen Wettbewerb melden soll.

Tatsächlich wird der Tag kommen, an dem das Land komplett ohne Atomstrom auskommen muss - das ist politisch gewollt. Tatsächlich wäre es unsinnig, wenn Deutschland dann Atomstrom aus dem benachbarten Ausland einführen müsste, weil die "Erneuerbaren" den Energiehunger zuhause nicht stillen können. Weil die Wahrheit auch hier in der Mitte liegt, werden Privathaushalte und Wirtschaft bis auf weiteres auf den Energieträger Kohle nicht verzichten können, auch wenn die nationale Klimabilanz anderes verlangt.

Die Energiewende kann, wenn sie gelingt, Deutschland zum Vorreiter neuer Umwelttechnologien machen. Wer sich den Erfolg ans Revers heftet, müssen Merkel und Gabriel am Ende noch ausfechten. Aber den Himmel, sauber und in Weiß und Blau, den will auch die CSU.

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