Kommentar Der Umbau der Bundeswehr - Auf der Großbaustelle

BERLIN · Die Bundeswehr ist eine Großbaustelle. Und auf Baustellen tun sich immer wieder unkalkulierbare Fehler, Mängel und Risiken auf. Je größer das Projekt, desto größer das Fehlerpotenzial. Der dieser Tage aus dem Amt geschiedene Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat das zu spüren bekommen.

Er hat den von seinen Vorgängern eingeleiteten Umbau des Großunternehmens Bundeswehr lange Zeit erfolgreich gestaltet - bis ihn der Absturz der geplanten Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" in Erklärungsnot brachte und seine bis dato saubere Bilanz eintrübte. De Maizière wechselte nicht gern zurück ins Innenministerium. Er ging, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel es so wollte.

Jetzt soll Nachfolgerin Ursula von der Leyen in einer politischen Managementfunktion das Großunternehmen Bundeswehr mit seinen bis zu 185.000 Soldatinnen und Soldaten und den rund 55.000 Zivilbediensteten in die Zukunft führen. Eine Aufgabe mit zahlreichen Unwägbarkeiten. Und ein Amt, das eine 100-Tage-Schonfrist kaum mehr gewährt.

Die erste Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums wird schnell erfahren, was de Maizière mit der Feststellung, in der Truppe sei "vieles nicht in Ordnung", gemeint hat: Schließung von Standorten, hoher Grad an Versetzungen, Mängel bei der Ausrüstung, Belastung durch Auslandseinsätze, mangelnde Attraktivität, schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Nun gut, einige der Mängelposten sind berufsbedingt. Es gehört nun einmal zur Soldatenprofession, in Einsätze geschickt oder immer wieder versetzt zu werden. Und auch für Millionen Arbeitnehmer in Zivilberufen ist es schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut bringen.

[kein Linktext vorhanden]Wenn von der Leyen den Arbeitgeber Bundeswehr attraktiver, familienfreundlicher und damit auch konkurrenzfähiger im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte machen will, hilft ihr die Erfahrung als frühere Bundesfamilien- und ehemalige Bundesarbeitsministerin. Doch das Unternehmen Bundeswehr ist anders als in der Größe vergleichbare Zivilkonzerne. Bei der Truppe geht es im äußersten Fall auch um Leben und Tod. Das verlangt eine besondere Fürsorgepflicht der Dienstherrin.

Teilzeit für Soldaten oder Tagesmütter in Konzernen, wie sie von der Leyen selbstverständlicher machen will, können Stellschrauben sein, die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr zu erhöhen. Doch auf die wirklich brisanten Fragen wird von der Leyen noch Antworten geben müssen.

Braucht die Bundeswehr aus der Erfahrung des Afghanistan-Einsatzes künftig neben Aufklärungsdrohnen auch unbemannte Kampfdrohnen, um zum Schutz eigener Truppen gegnerische Kräfte auch über Distanz zu bekämpfen - oder soll sie auf solche Waffensysteme verzichten?

Von der Leyen hat bei ihrer jüngsten Afghanistan-Visite betont, dass der Schutz des Menschen - unabhängig von den Kosten - das Wichtigste sein müsse. Und sie hat darauf verwiesen, dass Deutschland sein gewachsenes Gewicht in internationalen Bündnissen stärker einbringen müsse. Politisch ist dies kein Problem. Militärisch bedeutet aber ein solches Plus auch bei der Qualität von Einsätzen, dass neben humanitärer Hilfe und der Unterstützung von Alliierten auch die kämpfende Truppe gefragt sein wird. Mit allen Konsequenzen.

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