Kommentar Deutsche Bank - Unter Zwang
Keine Hauptversammlung der Deutschen Bank ohne wütende Protestler: Globalisierungskritiker, Umweltschützer oder enttäuschte Aktionäre - an Deutschlands größtem Kreditinstitut scheiden sich seit jeher die Geister.
Doch mit der üblichen Protestroutine lässt sich der Druck auf das Geldhaus nicht mehr abtun. Wenn das Führungsduo Jürgen Fitschen und Anshu Jain seit seinem Amtsantritt Anfang 2012 fast verzweifelt einen Kulturwandel beschwört, Kunden und Aktionäre um Geduld bittet und Fehler des Konzerns einräumt, dann zeigt das: Den Frankfurter Bankern bleibt keine andere Wahl.
Es geht nicht mehr allein darum, ob der Strukturwandel in ihre Konzernstrategie passt. Er wird der Bank von außen aufgezwungen. In erster Linie sind die Umwälzungen eine Folge der Finanzkrise. Nachdem in ganz Europa Steuerzahler die Zeche für die Zockereien im Investmentbanking zahlen mussten, hat die Politik den Banken zu Recht neue Regeln verordnet.
Wie andere Institute muss die Deutsche Bank deutlich höhere Rücklagen bilden, um Risiken selber abzufedern. Andere Entscheidungen stehen noch aus. Was früher als Forderung radikaler Kapitalismuskritiker belächelt wurde, ist heute in Brüssel und Washington Gegenstand ernsthafter Planungen: Einige Experten wollen Geschäftsbanken die risikoreichen Spekulationsgeschäfte auf eigene Rechnung ganz verbieten.
Sie sollen nur noch im Auftrag und auf Risiko des Kunden zocken. Die Trennung des herkömmlichen Bankgeschäfts mit Kreditvergabe und Abwicklung von Zahlungen vom Investmentbanking zum Schutz der Kundeneinlagen hat die Bundesregierung bereits beschlossen - Kulturwandel per Gesetz.
Doch die Krise ist für die Deutsche Bank auch eine Chance: Anders als reine Investmentbanken, von denen viele die Finanzkrise nicht überlebt haben, verfügt das Frankfurter Geldinstitut über das Brot-und-Butter-Geschäft mit Krediten und Einlagen. Das einstige Stiefkind hat sich zum Hoffnungsträger entwickelt.
Allerdings gilt für diesen Geschäftszweig das Vertrauen der Kunden als wichtigste Währung. Die neue Führungsspitze hat das Ansehen der Bank bisher nicht unbedingt gesteigert: Manipulierte Zinssätze, Verdacht auf Steuerhinterziehung, das trotzige Festhalten an den verrufenen Spekulationen mit Nahrungsmitteln, krumme Geschäfte mit Emissionszertifikaten - die Deutsche Bank scheint keinen Fehler auszulassen.
Ob dem Institut der oft beschworene Kulturwandel wirklich gelingt, wird davon abhängen, ob die Banker die veränderten Rahmenbedingungen wirklich akzeptieren und die Strukturen des Konzerns an sie anpassen. Ein "weiter so", getarnt von Lippenbekenntnissen, kann nicht funktionieren.