Kommentar Deutschland und die Vorratsdaten - Nicht verlässlich

Die Vorratsdatenspeicherung ist ist ein Ärgernis. Wenigstens in diesem Punkt haben die Streithähne in Berlin und Brüssel Recht. Das Instrument wurde durchgepaukt, obwohl es einen gravierenden Verstoß gegen die Grundrechte-Charta der EU darstellt. Die Effizienz der millionenschweren Datensammlung gilt als umstritten. In den Mitgliedstaaten herrscht ein Durcheinander, wer, wann, wie oft und nach welchen Kriterien die Informationen über die Bürger anzapfen darf.

Ärgerlich aber ist das Erscheinungsbild der Berliner Koalition. Im Bundesjustizministerium hat man entweder nicht begriffen, dass es den Spielraum, von dem Minister Heiko Maas spricht, nicht gibt. Oder man gaukelt den Wählern etwas vor. Denn es handelt sich um eine mit den Stimmen aller Mitgliedstaaten verabschiedete Richtlinie, die in Kraft ist und aus deren Umsetzung man sich nicht ausklinken kann. Deutschland entzieht sich auf eine beispiellose Weise seiner Verpflichtung, EU-Gesetze zu übernehmen und lässt ganz nebenbei auch zu, dass der Koalitionsvertrag zur Makulatur wird. Mit verlässlicher Politik hat das jedenfalls nichts zu tun.

Diesen Imageschaden könnte man leicht reparieren, weil längst auf dem Tisch liegt, was die EU-Kommission an Änderungen plant und wo Grundrechtsexperten mit ihrer Kritik ansetzen. Die Bundesrepublik hätte mit viel Ehrgeiz zum Vorreiter einer EU-konformen Gesetzgebung werden können. Stattdessen beginnt man, Parteipolitik zur Leitschnur des Handelns zu machen. Das kann teuer zu stehen kommen.

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