Kommentar Die Freiheit genommen - Die Freiheit genommen

Ihr Name ist Hase, Angela Hase. Die Kanzlerin weiß von nichts. So wie ihr Verteidigungsminister in einer anderen Angelegenheit, die hier nicht Thema sein soll.

Es geht allein um die gemeinsame Strategie: Was ich nicht weiß, macht den Wähler nicht heiß. Und wenn die Umfragen stimmen, könnte das sogar funktionieren.

Vielleicht liegt es daran, dass der Vorgang so abstrakt ist. Betrifft es mich wirklich, wenn die Geheimdienste einer fremden Macht - womöglich in enger Kooperation mit den Diensten meines eigenen Landes - meine Mails und Facebook-Einträge mitlesen? Manch einer empfiehlt, man solle im Internet halt nicht so viel von sich preisgeben.

Außerdem: Wer nichts Böses tue, habe auch nichts zu befürchten. Schließlich: Hat bislang jemand etwas von den Spähattacken bemerkt? Die Aktivitäten von NSA, BND und anderen tun nicht weh. Richtig?

Womöglich hilft es, eine andere Perspektive einzunehmen. Stellen Sie sich vor, ein neugieriger Mensch liest ihre Post mit. Jeden Tag. Er will Schaden von Ihnen und den anderen Hausbewohnern abwenden und prüft darum regelmäßig, ob in den an Sie adressierten Briefen etwas Verdächtiges steht. Er will nur Ihr Bestes.

Darum bringt er auch jene Briefe, die Sie verfassen, für Sie zur Post. Vorher wirft er natürlich noch einen fürsorglichen Blick hinein. In einer Datenbank hält er dann fest, wem sie was wann und warum geschrieben haben. Sollten Sie sich eines Tages überraschend als Terrorist entpuppen, könnte er das gegen sie verwenden. Keine schöne Vorstellung?

Genau das geschieht bereits. Unsere zunehmend digitale Kommunikation wird total überwacht. Die NSA nimmt sich diese Freiheit. Unsere Freiheit. Die ihrer eigenen Bürger schützt sie angeblich. Auf unsere dagegen pfeift sie. Denn wir sind, wenn überhaupt, nur drittklassige Freunde. Da ist es bis zum potenziellen Terroristen nicht mehr weit. Welche Konsequenzen ziehen wir daraus?

Unser Bundespräsident denkt öffentlich darüber nach, sein Kommunikationsverhalten zu ändern. Manche Koalitionspolitiker raten ernsthaft dazu, den eigenen Datenverkehr einzuschränken. Übersetzt heißt das: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Mehr fällt ihnen zur De-facto-Abschaffung des in Artikel 10 des Grundgesetzes geschützten Fernmeldegeheimnisses nicht ein.

Ähnlich geht es dem Bundesinnenminister, der ja auch Verfassungsminister ist. Auch er weiß, zurück von seinem hasenfüßigen Auftritt in den USA, im Zweifel von nichts. Die Bundesregierung schützt die Grundrechte der Deutschen gegen die Amerikaner in etwa so effektiv wie ein Reh im Vorgarten Einbrecher abschreckt.

Freilich könnte auch alles ganz anders sein. Die Bundesregierung könnte Mitwisser, könnte Mittäter sein. Von wegen Reh! Von wegen Hase! Hoffentlich riechen die Wähler den Braten rechtzeitig.

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