Kommentar zur Amazonas-Synode im Vatikan Die grüne Kirche

Meinung · Die Amazonien-Synode war ein wegweisendes Ereignis. Hier machten der Papst und knapp 200 Bischöfe vor allem aus Lateinamerika den Versuch, wieder einen glühenden Draht zur Gegenwart zu bekommen. Der ist gelungen, kommentiert GA-Korrespondent Julius Müller-Meiningen.

 Papst Franziskus (r) begrüßt ein Mitglied der Päpstlichen Schweizergarde bei seiner Ankunft zu einer Sitzung der Amazonas-Synode.

Papst Franziskus (r) begrüßt ein Mitglied der Päpstlichen Schweizergarde bei seiner Ankunft zu einer Sitzung der Amazonas-Synode.

Foto: dpa/Andrew Medichini

Das Thema Amazonien wirkte auf den ersten Blick abwegig. Warum sollte sich eine Glaubensgemeinschaft mit 1,3 Milliarden Angehörigen mit einer abgelegenen Region beschäftigen, die wenig mit dem Alltag anderswo zu tun hat? Ein Trick des Papstes, um den Zölibat zu untergraben und Frauen in kirchliche Ämter zu hieven? Das auch. Die Synode dürfte den Anfang  vom Ende des Pflichtzölibats einläuten und Frauen auf lange Sicht zu mehr Einfluss verhelfen. Aber: Ob Priester verheiratet sein dürfen, ob Frauen die Messe lesen dürfen, kümmert zwar die Gläubigen. Den Rest der Welt berührt das wenig.

Das Treffen, bei dem sich Kirchenleute und Experten auch grundsätzlich mit dem katastrophalen Zustand des für das globale Ökosystem essenziellen Amazonas-Beckens beschäftigten, hat einen jetzt schon spürbaren Effekt: Die katholische Kirche ist am Leben interessiert und das nicht nur, wenn es um besonders intime Angelegenheiten wie Abtreibung oder Sterbehilfe geht.

Die Synode hat auch ein Scheinwerfer-Licht auf viele in der Kirche aktive Menschen geworfen. Der Kirche wird hierzulande oft Unverständnis entgegengebracht, weil Generationen von Klerikern scheinbar auch den Kredit ihrer heute aktiven Nachfolger verspielt haben. Im besten Fall handelte es sich um Einmischungen in das Privateste, im schlimmsten Fall um Gewalt. In Rom wurde sichtbar, wie sich Priester, Ordensleute und Laien tatkräftig an die Seite der Verfolgten und Ausgebeuteten stellen. Das wird bei aller berechtigten Kirchenkritik gern vergessen. Auch die katholische Kirche tut Gutes, oft gerade dann, wenn die Öffentlichkeit nicht hinguckt.

Das Bischofstreffen, das am Sonntag endet, war eine Zusammenkunft, bei der es um die Identität der Kirche geht. Franziskus holt die Amtskirche von ihrem hohen Ross herunter und versucht, sie auf Augenhöhe der Menschen zu positionieren. In Amazonien kämpfen Priester und katholische Laien nicht nur gegen Ausbeutung und für den Erhalt der Umwelt, sie setzen sich letztlich für die Lebensgrundlage aller Menschen ein. „Eine neue Partnerschaft mit der Erde“, forderte ein Bischof. Das ist die Herausforderung der Zukunft für die Kirche. In Rom wurde ein Anfang gemacht.

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