Kommentar Die Krise in Frankreich - Chance vertan

BRÜSSEL · Als François Hollande vor zehn Monaten ins Amt gewählt wurde, hatte er beste Chancen, ein großer Präsident zu werden. Die Franzosen beschenkten ihn mit einer komfortablen Mehrheit, das Land war bereit für Reformen, um endlich wieder Fuß zu fassen. Doch Hollande verpasste seine Möglichkeiten.

Auch die jüngste. Anstelle eines "zornigen Ausbruchs gegen die Krise" (so die französische Tageszeitung "Libération") legte er seinen Landeskindern eine phasenweise fast hilflos erscheinende Selbstverteidigungsrede vor, die mitnichten geeignet war, eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen.

Stattdessen zeigte er sich als der Staatschef, der die innenpolitische Krise durch gewagte militärische Abenteuer in Afrika vergessen machen will. Und der erleben muss, dass die Franzosen lieber über die Homo-Ehe streiten, als sich an Erfolgsmeldungen aus Mali zu erfreuen.

Natürlich wäre es falsch, Hollande als französischen Gerhard Schröder zu sehen, der eine Agenda 2020 aus dem Hut zaubert. Aber man hatte schon einen Präsidenten erwartet, der zeigt, dass er weiß, was nötig ist, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln und der Arbeitslosigkeit die Stirn zu bieten. Stattdessen vertröstete er. Mit diesem Auftritt hat Hollande seinem Land keinen guten Dienst erwiesen.

Dabei hätte er als Sozialist (und hier stimmt die Parallele zu dem Sozialdemokraten Gerhard Schröder wieder) die besten Chancen gehabt, einen "Pakt" mit Gewerkschaften, Linken und Grünen für einen Neustart zu schließen

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