Kommentar Die Lage der FDP - Nach Rösler

Noch zwölf Monate trennen die Bundesrepublik von der nächsten Bundestagswahl - und die FDP vor dem Untergang. Das ist eine Situation, die sie kennt. Nicht erst, seit Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff Anfang der 80er Jahre mit dem Wechsel von sozial-liberal zu christlich-liberal ihre Partei einer Zerreißprobe aussetzten.

Die aktuellen Umfragewerte sind mager, aber stabil. Doch es gibt Hoffnung. Die Hoffnung hat Namen, nämlich Christian Lindner und Wolfgang Kubicki. Beide haben in diesem Jahr in schier aussichtslosen Situationen gezeigt, dass und wie man Wahlen gewinnen kann. Kubicki, das alte, kaum zu zügelnde Schlachtross aus dem Norden, wird sich der Bundespolitik weiter verweigern, ist auch zu sehr enfant terrible, als dass er eine noch so kleine Partei führen könnte.

Anders dagegen Lindner. Der junge Düsseldorfer gilt nicht nur als, er ist der kommende Star der Liberalen. Man spürt es auf Parteitagen, im Land oder im Bund. Selbst mit kleinen Interventionen bringt er die Säle in Stimmung, besser zum Leben. Doch Lindner hat ein Problem: Er muss Wort halten.

In Nordrhein-Westfalen. Dort hat er den Wahlsieg errungen, weil er beherzt nach der ganzen Macht gegriffen hat, jetzt ist er als Fraktionsvorsitzender im Düsseldorfer Landtag und als Landesvorsitzender für Jahre gebunden. Ihm geht es da ein bisschen wie der Ministerpräsidentin. Hannelore Kraft wird landauf, landab als Herausforderin von Angela Merkel gefeiert. Aber auch sie steht im Wort, am Rhein zu bleiben.

Kraft und Lindner, das haben sie gemein, wissen, dass der Wähler es ihnen nicht verzeihen würde, wenn sie nach wenigen Monaten schon zum Job-Hopping ansetzen würden. Und wie Wähler ein Entschiedenes Sowohl-Als- Auch beurteilen, haben sie in der Person Norbert Röttgens in den vergangenen Monaten miterleben, miterleiden müssen. Vom Hoffnungsträger zum Politiker in bestenfalls Warteposition binnen dreier Tage.

Das heißt für das Schicksal der FDP: Der Hoffnungsträger steht noch nicht zur Verfügung. Lindner muss warten - über den Bundestagswahltermin hinaus. Der Hoffnungsträger vom letzten Jahr aber hat sich als glatte Fehlbesetzung erwiesen. Philipp Rösler hat nicht nur in der Griechenlandfrage, nicht nur beim Thema Energiewende, sondern gerade wieder beim Thema Steuer-CD bewiesen, dass ihm so gut wie alles abgeht, was man als Parteiführer braucht: Gespür, Überzeugungskraft, klare Linie und Führungsfortune.

So werden die Liberalen denn, wenn sie überleben wollen, erst einmal wieder einen Vorsitzenden opfern müssen: Mit Rösler ist die Wahl nicht zu gewinnen. Rainer Brüderle, der Fraktionschef, muss ran. getsnAls Übergangsvorsitzender und über den grünen Klee gelobt vom Ehrenvorsitzenden. Das sagt eigentlich schon alles.

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