Kommentar Die Rettung des Euro - Souveränität abgeben!

Wir hatten es uns schon ein wenig gemütlich gemacht: Um uns herum tobte die Wirtschafts- und Finanzkrise, während Deutschland einen wunderbaren Boom erlebte. Inzwischen jedoch wird immer klarer, wie existenziell auch unser Wohlstand bedroht ist und dass radikale Lösungen her müssen.

Am Ende dieser - hoffentlich jetzt sehr schnellen - Entwicklung müssen gemeinsame Staatsanleihen, also Eurobonds, stehen und eine wirtschaftspolitische Union in Europa, die Brüssel massiv auf- und die nationalen Regierungen abwertet.

Der Stand der Dinge ist beängstigend: Mit Spanien schlüpft nun die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone unter den Rettungsschirm. Eine Pleite Griechenlands mag, auch mit Blick auf die Wahlen am kommenden Wochenende, wirtschaftspsychologisch eingepreist sein.

Eine Pleite Spaniens dagegen wäre geeignet, den Euro hinwegzufegen und damit auch der deutschen Volkswirtschaft verheerende Schäden zuzufügen. Lassen wir uns nichts vormachen: Es sind nicht allein Spaniens Banken, die vor dem Kollaps stehen. Die Wirtschaft schrumpft, die Staatsverschuldung steigt und die Arbeitslosigkeit explodiert. Wenn heute Athen als verloren gelten muss, dann trifft das morgen auf Madrid und übermorgen vielleicht auf Rom zu.

Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy hat sich bis zuletzt gegen Finanzspritzen aus dem Norden Europas gewehrt, weil er nicht bereit war, ein Stück nationaler Souveränität aufzugeben. Er steht mit diesem Verhalten nicht allein auf der europäischen Bühne. Dabei ist genau das der Schlüssel zur Rettung der finanziell maroden Länder und der Währungsunion insgesamt: die Aufgabe nationaler Souveränität. Sie ist die Kehrseite jener Medaille, auf der groß "Eurobonds" steht.

Die Zeit der faulen Kompromisse ist vorbei: Entweder wird die europäische Einigung jetzt vollendet - oder sie scheitert auf ganzer Linie. Deutschland kann und muss für seine Partnerländer einstehen und erhebliche finanzielle Risiken eingehen. Das aber geht nur, wenn die Deutschen mittelbar Einfluss nehmen können auf die Finanzplanung dieser Länder, auf deren Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Es geht nicht mehr nur die Spanier etwas an, ob sie bereit sind, empfindliche Einschnitte bei ihren Renten hinzunehmen oder beim Kündigungsschutz oder bei staatlichen Subventionen oder oder oder.

Auch Frankreichs neuer sozialistischer Staatspräsident François Hollande wird verstehen müssen, dass er seinem Volk nicht soziale Wohltaten versprechen kann, die den französischen Haushalt erheblich belasten, wenn er gleichzeitig die Kanzlerin unter Druck setzt, Eurobonds zuzulassen.

Wir brauchen eine europäische Wirtschaftsregierung. Diese kommt möglichst bald - oder der Euro und mit ihm die Europäische Union gehen.

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