Kommentar Die Türkei und Europa - Neue Spielregeln

Ein nachhaltiger Wirtschaftsboom und der Aufstieg zur Regionalmacht machen die Türkei aus Sicht der EU plötzlich wieder attraktiv. Frankreich mildert sein striktes Nein zur türkischen Bewerbung ab, und auch Angela Merkel ist nun dafür, die Verhandlungen mit Ankara wieder anzukurbeln.

Die Grundsatzfrage, ob die EU die Türkei wirklich in ihre Reihen aufnehmen will, bleibt aber ungeklärt - auch Merkel wird in Ankara erneut eine klare Antwort darauf vermeiden. Hier und da ein neues Verhandlungskapitel zu öffnen, genügt jedoch nicht mehr, um eine weiter erstarkende Türkei an Europa zu binden.

EU-Kommissar Günther Oettinger und Bundesaußenminister Guido Westerwelle sehen schon den Tag kommen, an dem die EU die Türkei mehr braucht als umgekehrt. Denn aus dem armen Bittsteller am Rande Europas ist eine selbstbewusste Mittelmacht mit dynamischer Wirtschaft geworden, die in der von Krisen geschüttelten EU viele aufhorchen lässt.

Konkrete politische Konsequenzen hatte das bisher aber nicht. Nach wie vor wollen Politiker wie Merkel die Türkei zwar nicht verlieren, in die EU aufnehmen wollen sie das Land aber auch nicht.

So lange die Türkei wirtschaftlich und politisch keine Alternativen zu Europa sah, fuhr die EU mit dieser Hinhaltetaktik ganz gut. Doch der Aufstieg des Landes verändert die Spielregeln. Türkische EU-Experten sind deshalb der Meinung, nur eine feste Beitrittszusage aus Brüssel könne den Verhandlungsprozess mittelfristig am Leben erhalten. Doch davon sind die Europäer weit entfernt.

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