Kommentar Die US-Spionageaffäre - Swift und Snowden

Das wäre ja ein "toller" Erfolg: Berlin dringt darauf, dass Washington in einem bilateralen Abkommen zusichert, auf deutschem Boden keine Spionage mehr zu betreiben. Übersetzt heißt das: Die USA mögen sich bitte verpflichten, in Deutschland künftig nicht mehr, wie bisher geschehen, deutsche Gesetze zu brechen, darunter wichtige Grundrechte.

Während sich die US-Administration noch ziert, so etwas überhaupt zu unterschreiben, reibt sich der deutsche Beobachter die Augen und fragt, ob das unter engen Verbündeten nicht eigentlich eine pure Selbstverständlichkeit sein sollte. Und überhaupt: Wie ließe sich die Einhaltung eines "No-Spy-Abkommens" überprüfen? Etwa nach der Methode Pofalla: Man fragt alle paar Wochen mal in Washington nach, ob alles in Ordnung ist, und wenn das dort bejaht wird, dann ist das wohl so, dann sind "alle Vorwürfe vom Tisch"? Deutschland läuft erneut Gefahr, sich lächerlich zu machen. Es ist nicht die Zeit für Verhandlungen aus einer Position der Schwäche heraus. Jetzt sind starke Signale gefragt.

Beispielsweise könnten sich die europäischen Regierungen einfach mal wie gute Demokraten verhalten und, selten genug, dem europäischen Parlament folgen. Dieses hatte gefordert, "Swift" aufzukündigen und so den Zugriff der Amerikaner auf unsere Bankdaten zu erschweren. Recht hat auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, wenn er in Sachen Freihandelsabkommen eine Verhandlungspause verlangt. Man kann nicht so tun, als sei nichts geschehen - ganz gleich, wie groß die wirtschaftlichen Interessen diesseits des Atlantiks sein mögen.

[kein Linktext vorhanden]Die schärfste Waffe allerdings hält die Bundesregierung in der Hand. Es liegt nach dem Ströbele-Besuch in Moskau an ihr, ob sie den politischen Mut aufbringt, den Kronzeugen Edward Snowden nach Deutschland zu holen und ihm hier einen sicheren Aufenthalt zu garantieren. Kritiker befürchten, die USA könnten das Berlin sehr, sehr übel nehmen.

Manch einer hat sogar Angst davor, Washington werde "schäumen" vor Wut. Dem muss man freilich die Frage entgegenhalten, welche Konsequenzen das für Deutschland haben könnte: dass die Amerikaner eine nicht vorhandene Freundschaft aufkündigen und/oder Deutschland künftig lückenlos, lückenloser, am lückenlosesten überwachen?

Vielleicht bestellt der US-Außenminister ja zur Abwechslung mal den deutschen Botschafter ein. Der kann es dann machen wie sein amerikanischer Amtskollege in Berlin: immer schön lächeln. Allerdings hätte der Deutsche ein gutes Argument auf seiner Seite. Es liegt nämlich durchaus auch im Interesse Washingtons, Snowden aus dem Einflussbereich des russischen Präsidenten zu befreien. Wladimir Putin hat großen Spaß daran, Öl ins transatlantische Feuer zu gießen. Den Spaß sollte Putin niemand länger gönnen.

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