Kommentar Die USA und Russland - Offenbarungseid

Beim Gipfeltreffen in Seoul im Frühjahr 2012 raunte Barack Obama dem damals scheidenden russischen Präsidenten Medwedew zu, er solle seinem Nachfolger etwas ausrichten.

Nach der Wahl im November habe er, Obama, "mehr Flexibilität", um mit Wladimir Putin über die Problemzonen im amerikanisch-russischen Verhältnis zu sprechen. Das wurde Obama im Wahlkampf als Liebedienerei vor den Betonköpfen im Kreml um die Ohren gehauen.

Obamas Absage des Vier-Augen-Treffens mit Putin wird den Republikanern wieder eine Steilvorlage sein. Diesmal werden sie die Führungsstärke des Präsidenten preisen. Es ist ein vergiftetes Lob. Obamas Konter auf die russische "Gastfreundschaft" für Edward Snowden ist ein diplomatischer Offenbarungseid.

Der Präsident ist eingeschnappt, weil Putin, der nach innenpolitischen Achtungserfolgen sucht, um von seinem Versagen an der Spitze eines abgewirtschafteten Landes abzulenken, sein Heil in der Provokation sucht. Und findet. Seit gestern weiß Putin, wie man Uncle Sam piesacken kann. Er wird es wieder tun. Washington hat kurzfristig keine Druckmittel, um Moskau zum Einlenken zu bewegen.

Die auf medialen Applaus abzielende Breitseite des US-Präsidenten wird das Gegenüber im Kreml nur darin bestärken, dass die im Kalten Krieg eingeübte Njet-Kultur immer noch funktioniert. Es wäre richtiger, Obama würde in Moskau unter vier Augen Tacheles reden. Danach kann man neu starten. Oder sich notfalls immer noch aus dem Weg gehen.

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