Kommentar Drei Personengruppen ohne Geld im Alter

Die Altersarmut in Deutschland hat viele Gesichter: Da sind die Rentner, die schon im Berufsleben schlecht entlohnt wurden und immer wieder arbeitslos waren. Da sind die Kleinunternehmer, die nicht in die Rentenkasse einzahlen, aber auch nicht über Versorgungswerke abgesichert sind. Da sind vor allem die Frauen

Frauen, die sich um die Erziehung der Kinder gekümmert haben, die Teilzeit oder gar nicht gearbeitet haben. Alle diese Menschen müssen im reichen Deutschland im Alter mit erschreckend wenig Geld auskommen.

Noch gibt es hierzulande mehr reiche Senioren als arme Alte. Laut Statistik sind nur fünf Prozent der Menschen über 65 Jahren von Altersarmut betroffen - also auf Grundsicherung angewiesen. Doch es werden schnell mehr. Die Frage ist auch, ob die Dunkelziffer nicht viel höher liegt. Schon die offizielle durchschnittliche monatliche Rentenhöhe beschämt: Gerade einmal gut 1000 Euro sind es für Männer in Westdeutschland, nur 500 Euro für Frauen.

Nur weil viele zusätzlich über Betriebsrenten oder Lebensversicherungen versorgt sind, reicht das Geld zum Leben. Doch solche Zusatzpolster sind großenteils Geschichte. Inzwischen wird jede zweite Lebensversicherung vorzeitig, oft mit Verlust, gekündigt, und viele Firmen haben die betriebliche Altersvorsorge aus Kostengründen eingestellt.

Dass dringend etwas getan werden muss, hat die OECD schon vor vier Jahren der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben. In keinem anderen Industrieland werden Menschen mit niedrigem Berufseinkommen mit derart wenig Rente abgespeist wie in Deutschland, heißt es in einer Studie der Organisation von 2009.

Die steigende Lebenserwartung verschärft das Problem zusätzlich. Aus der Rente mit 67 und der schrittweisen Absenkung des Rentenniveaus folgt: Wer einen Bruttolohn von 2500 Euro bezieht, dem wird schon heute eine maximale Rente in Höhe der Grundsicherung vorausgesagt. Wenn dann die Familie fehlt, die jenseits aller Statistik viele Alte unterstützt, kommt noch die Einsamkeit als Armutsfaktor hinzu.

Dabei ist Altersarmut genau wie die demografische Entwicklung ein relativ gut kalkulierbares Phänomen. Schon heute ist bekannt, wie viele Rentner und Pensionäre in den nächsten Jahrzehnten finanziert werden müssen. Zwar gibt es inzwischen die Riester-Rente, doch mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein ist dabei nicht herausgekommen.

Union und SPD überlegen inzwischen auch eine Mindestrente. Knackpunkt wie immer: Wer bezahlt das? Die Fixierung der Rentenansprüche an Einzahlungen während der Berufstätigkeit ist vor allem für Frauen extrem ungerecht. Viel zu lange schon behandelt Berlin das Problem wie die drei Affen nach dem Motto: Nichts Böses sehen, nichts Böses hören und nichts Böses sagen.

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