Kommentar Drogen- und Suchtbericht - Falsche Freunde

Suchtkranke - da stellen viele sich noch immer arme, einsame Arbeitslose vor. Doch die Gesichter der Sucht sehen ganz anders aus und es ist wichtig, die eigenen Vorurteile zu redigieren.

Es hilft, zu erkennen, wer gefährdet ist - und wer die Gefährder sind. Das Klischee vom trinkenden (männlichen) Verlierer hält den Fakten am wenigsten stand. Es sind oft berufstätige, gut ausgebildete Frauen mit Kindern, die in die Sucht schlittern. Je besser der Bildungsabschluss, desto höher der Alkoholkonsum.

Auch der Drogenbericht der Bundesregierung zeigt: Nicht der heroinsüchtige Fixer im Bahnhofsklo ist das Hauptproblem, sondern der unkontrollierte Feierabend- und Wochenendtrinker. 1032 Menschen starben zuletzt im Jahr an illegalen Drogen, aber 74 000 Patienten starben an den Folgen ihres legalen Alkoholkonsums. Die Zahl von Frauen mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus ist seit 2000 um 38 Prozent gestiegen.

Jugendliche Komasäufer trifft man ebenfalls vergleichsweise selten in der Realität. 13.000 der 15- bis 17-Jährigen wurden 2013 in Spitälern behandelt. Das sind immer noch zu viel - aber andere Altersgruppen dürfen sich dahinter nicht verstecken. In der Gruppe der 45- bis 54-Jährigen sind solche Zahlen Standard. Es reicht nicht, den Nachwuchs vor dem falschen Freund Alkohol zu warnen, wenn eine ganze Generation Berufstätiger zu ihm zur Entlastung flüchtet.

Angesichts der erdrückenden Zahlen braucht es keine weitere, durch die FDP legalisierte Droge - wie Cannabis. Nötig wäre der kritische Blick von neun Millionen Risikotrinkern auf sich selbst und die Einsicht, Hilfe zu benötigen.

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