Kommentar zur den griechischen Barriereplänen Ein Armutszeugnis
Meinung · Statt die katastrophale Lage in den überfüllten Lagern auf Lesbos und anderswo endlich zu bekämpfen, fantasiert die griechische Regierung lieber über Mauern auf dem Mittelmeer. Was zählt, ist die Botschaft hinter diesem grotesken Plan, kommentiert Birgit Marschall.
Es ist absurd, aber trotzdem wahr: Statt die katastrophale Lage in den überfüllten Lagern auf Lesbos und anderswo endlich zu bekämpfen, fantasiert die griechische Regierung lieber über Mauern auf dem Mittelmeer. Klar ist, dass diese karnevaleske Aktion nur eine Show-Veranstaltung sein könnte, die aber viel über die inhumane Mentalität mindestens des rechtskonservativen Teils der griechischen Regierung verrät. Die Barriere wird leicht zu umfahren sein, die griechischen Inseln lassen sich praktisch nicht abschotten. Was zählt, ist die Botschaft hinter diesem grotesken Plan: Griechenland und Europa wollen Festung sein. Sie bauen energisch daran.
Die Barriere-Idee wirft aber auch ein Schlaglicht auf die Ignoranz, mit der ganz Europa auf die schlimme Lage in den überfüllten Flüchtlingslagern reagiert. Seit Jahren schon ist kein Land bereit, den Griechen Asylanten aus den Lagern abzunehmen. Auch Deutschland nicht. Erst am Mittwoch hat der Bundestag bekräftigt, keine Migranten aus Griechenland aufzunehmen, bevor nicht eine EU-weite Einigung über die Verteilung der Flüchtlinge getroffen wurde. Diese allerdings ist für absehbare Zeit nicht zu erwarten.
Das Nichtstun der EU sowie die Gleichgültigkeit der griechischen Behörden sind ein Armutszeugnis, das wütend macht. Wie Europa, der vermeintliche Hort der Humanität, sich der Welt präsentiert, ist blamabel und unerträglich. Wenigstens die Bundesregierung muss ihre Bemühungen intensivieren, eine Koalition der Willigen unter den EU-Staaten zu bewegen, Griechenland Flüchtlingskontingente abzunehmen.
Würde das Nobelpreis-Komitee noch einmal entscheiden müssen: Es würde der EU heute nicht nochmals den Friedensnobelpreis verleihen.
