Kommentar zur Beobachtung der AfD Ein erster Schritt

Berlin · Dass der Verfassungsschutz sich nun intensiv mit der AfD und dem Höcke-“Flügel“ beschäftigt, ist seit langem überfällig. Allerdings ist der richtige Zeitpunkt verpasst worden, kommentiert unser Autor.

 Björn Höcke soll unter einem Decknamen verfassungsfeindliche Texte verfasst haben.

Björn Höcke soll unter einem Decknamen verfassungsfeindliche Texte verfasst haben.

Foto: AP/Jens Meyer

Recht hatte der AfD-Bundesvorstand, als er Anfang 2017 eine Randfigur ausschließen wollte, weil sie eine „übergroße Nähe zum Nationalsozialismus“ habe. Doch der damit gemeinte Björn Höcke blieb bis heute in der Partei. Nicht zuletzt, weil starke Kräfte innerhalb der AfD nicht auf einen übergroßen Zuspruch von Wählern aus dem rechtsextremen Rand der Gesellschaft verzichten wollten. Es ist deshalb gut, richtig und seit langem überfällig, dass sich der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem gegenüber Feinden der Demokratie das nun intensiv anschaut.

Allerdings ist der Zeitpunkt verpasst worden, an dem der Warnschuss gegen den Bug des Schiffes AfD noch eine schnelle Richtungsänderung hätte auslösen können. Längst geben Björn Höcke und seine treuen Gefolgsleute den Kurs in der Gesamtpartei vor, lassen sich für ihre detonierenden Torpedos gegen die parlamentarische Demokratie im Bundesland Thüringen feiern. Sie können mit Genugtuung beobachten, wie die Männer und Frauen auf der Brücke absolut „flügel“-konform navigieren, um ihre Posten bloß nicht zu gefährden.

Deshalb müssen im Hintergrund ganz andere Überlegungen reifen. Sie haben damit zu tun, dass der Verfassungsschutz genügend Belege für die Plausibilität gefunden hat, wonach jener „Landolf Ladig“, der für ein NPD-Blatt verfassungsfeindliche Texte verfasste, kein anderer als Björn Höcke ist. Wenn das Verfassungsgericht ein Verbot der NPD ablehnte, weil der Einfluss dieser Partei zu klein sei, um von einer Gefährdung der Partei sprechen zu können, so ist es die von Ladig-Höcke gesteuerte AfD allemal.

Nun ist hohe Kunst gefragt: Mit den AfD-Sympathisanten so umgehen, dass sie sich nicht wegen ungerechtfertigter Schläge mit der „Nazi“-Keule nur noch enger an die AfD binden. Zugleich aber Material sammeln, um bei einem weiteren Wegdriften der Partei zügig auch das Parteiverbot aus dem Werkzeugkasten einer wehrhaften Demokratie holen zu können.

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