Kommentar zum Start der Corona-App Ein Versäumnis

Meinung | Berlin · Die Bundesregierung ist stolz auf die Corona-Warn-App. Allerdings funktioniert diese nicht auf Smartphones mit älteren Betriebssystemen. Das ist ein Versäumnis. Denn besonders ältere Menschen, die sich vor Jahren ein iPhone gekauft haben, sind jetzt benachteiligt.

 Die Corona-Warn-App ist in Deutschland gestartet.

Die Corona-Warn-App ist in Deutschland gestartet.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Auf die Corona-Warn-App ist die Bundesregierung mächtig stolz. Zwar ist die Entwicklung der Anwendung mit 20 Millionen Euro kein Schnäppchen gewesen und interne Diskussionen haben die Veröffentlichung lange herausgezögert – das Produkt kann sich jetzt aber sehen lassen. Und entfaltet die App tatsächlich die erhoffte Wirkung bei der Bekämpfung der Pandemie, waren die Entwicklungskosten sinnvoll angelegtes Geld. Ob jedoch die zusätzlichen Betriebskosten von rund drei Millionen Euro im Monat tatsächlich so hoch sein müssen, sollte die Bundesregierung genau prüfen.

Gut ist, dass die hohen Datenschutzstandards, die Nutzer vor Missbrauch schützen sollen, aus Sicht von Experten ausreichend berücksichtigt wurden. Mit der Warn-App haben die beteiligten Unternehmen und Softwarefachleute ein Produkt an den Start gebracht, das den internationalen Vergleich nicht scheuen muss und bezüglich der Sicherheit der Daten und der Freiheiten der Nutzer sogar den Standard für weitere Apps in anderen Ländern setzen könnte. In Frankreich beispielsweise, wohin Kritiker der deutschen App gerne zeigen und auf die kurze Entwicklungsdauer verweisen, werden die Nutzerdaten anders als beim deutschen Modell zentral gespeichert.

Doch der Nutzen der App steht und fällt mit der Zahl ihrer Anwender. Wie viele Menschen das Programm installieren müssen, damit die Warn-App im Kampf gegen die Corona-Pandemie wirken kann, ist nicht seriös zu beziffern. Es müssen möglichst viele sein. Das Problem: Die App funktioniert nur auf iPhones jüngerer Generationen. Geräte, die vor Herbst 2015 auf dem Markt waren, unterstützen die nötige Version des Betriebssystems nicht. Besonders ältere Menschen, die sich vor Jahren ein iPhone gekauft haben und vielleicht nicht das Geld übrighaben oder die Notwendigkeit für ein neues Gerät sahen, sind jetzt benachteiligt.

Auch bei früheren Versionen von Googles Android-System gibt es Einschränkungen. Dabei ist es gerade die ältere Bevölkerungsgruppe, die bei einer Covid-19-Erkrankung stärker gefährdet ist. Es ist ein Versäumnis, dass die Bundesregierung nicht mit Studien analysieren ließ, wie viele Smartphonebesitzer die App erreichen würde. Damit möglichst viele Menschen die App nutzen, müssen sie der Anwendung vertrauen. Doch sobald der Eindruck entsteht, dass die Installation nicht vollkommen freiwillig ist oder dem Profitstreben von Unternehmen nutzt, wird dieses Vertrauen zerstört.

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