Kommentar Ende offen

Berlin · Stanislaw Tillich gegen Rico Gebhardt. Christine Lieberknecht gegen Bodo Ramelow. Dietmar Woidke gegen Michael Schierack. Worum es geht?

Um die Landtagswahlen dieses Jahres, die alle im Osten der Republik anstehen. In Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz mag dieser Osten gefühlt weit weg sein. Doch er ist nicht weniger bunt als der Westen, jedenfalls nach den Kategorien der politischen Farbenlehre. Schwarz-Gelb in Sachsen, Schwarz-Rot in Thüringen, Rot-Rot in Brandenburg. Vieles offen.

Schon in einer Woche werden in Sachsen die Karten neu gemischt, zwei Wochen später sind dann die Wähler in Thüringen und in Brandenburg gefragt, wer ihr Bundesland die nächsten fünf Jahre regieren soll. 2019 wird für den deutschen Osten ohnehin ein Jahr von Bedeutung. Dann läuft der Solidarpakt II aus, über den die neuen Länder und Berlin seit 2005 insgesamt 156 Milliarden Euro zur Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West erhalten haben werden.

Bis dahin wird neu verhandelt, auch über den Länderfinanzausgleich. Wer immer ab diesem Spätsommer in Sachsen, Thüringen und Brandenburg regiert oder mitregiert, wird auch diese Frage beantworten müssen. In Sachsen hat Ministerpräsident Tillich (CDU) gute Chancen auf eine weitere Amtszeit, vermutlich ohne seinen bisherigen Koalitionspartner, die FDP.

Den Liberalen droht nach allen Umfragen nun auch in Sachsen der Weg in die außerparlamentarische Opposition. Damit verlöre die FDP ihre letzte Regierungsbeteiligung in einem Bundesland. Die Linke darf mit ihrem Spitzenkandidaten Gebhardt darauf hoffen, zweitstärkste Kraft vor der SPD zu werden. Auch die Grünen schaffen wohl die Fünf-Prozent-Hürde, doch Rot-Rot-Grün ist damit noch lange nicht realistisch. Braucht Tillich einen Koalitionspartner, kann er wählen: SPD oder Grüne oder AfD, wobei die Bundes-CDU eine Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland ausgeschlossen hat.

In Brandenburg deutet vieles auf die Fortsetzung von Rot-Rot hin. Ministerpräsident Woidke (SPD), der erst vor einem Jahr das Amt von Matthias Platzeck übernommen hat, ließ bislang zumindest erkennen, dass für ihn nichts gegen weitere fünf Jahre mit der Linken als Juniorpartner spricht. CDU-Spitzenkandidat Schierack, über Wochen der SPD auf den Fersen, muss darauf hoffen, dass Woidke eventuell doch eine große Koalition eingehen will, die in Brandenburg bereits erprobt ist.

Am spannendsten ist der Wahlausgang in Thüringen. Dort hat Linke-Spitzenkandidat Ramelow echte Chancen, erster Ministerpräsident seiner Partei zu werden, wenn die SPD bereit wäre, den Juniorpartner zu geben, eventuell sogar noch mit den Grünen als Sicherheitspuffer. Doch dafür wollen sich die Grünen nicht hergeben.

Die SPD, die seit fünf Jahren an der Seite der CDU im Kabinett von Ministerpräsidentin Lieberknecht mitregiert, verhält sich bislang zur Frage von Rot-Rot unter Führung der Linken unentschieden. Die Frage ist, ob die Landes-SPD den Tabubruch wagen darf. Will SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Optionsbasis für 2017 erweitern, wird er dem Landesverband die lange Leine lassen. Am Ende ist es auch eine Preisfrage: Wie viel wäre ein potenzieller Ministerpräsident Ramelow bereit, der Landes-SPD für diesen Sprung zu bezahlen?

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