Kommentar zum Libyen-Gipfel Endlich aufgewacht

Meinung | Berlin · Bundeskanzlerin Merkel und UN-Generalsekretär Guterres vereinbaren gemeinsam mit internationalen Akteuren die Absicherung eines Waffenstillstands und Waffenembargos in Libyen. Die Weltgemeinschaft ist wieder aufgewacht, kommentiert GA-Korrespondent Holger Möhle.

 Holger Möhle, Berlin,   zur Libyen-Konferenz

Holger Möhle, Berlin, zur Libyen-Konferenz

Foto: dpa/Sputnik

Die gute Nachricht: Morgen bricht der Frieden in Libyen aus. Die schlechte Nachricht: Aber nur ein bisschen und wahrscheinlich auch nicht von Dauer. Das nordafrikanische Land, das seit Sturz und Tod seines langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 ins Chaos gestürzt ist, steht seit Sonntag wieder in großen Lettern auf der Weltkarte der Krisen, Kriege und Konflikte. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas haben es mit einer erstaunlichen Reisediplomatie geschafft, alle relevanten Akteure dieser libyschen Tragödie zur internationalen Konferenz nach Berlin zu holen.

Das alleine ist schon eine Nachricht, weil sich die Gegenspieler in diesem Konflikt, Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und der abtrünnige General Khalifa Haftar, ebenso wie deren ausländische Unterstützer und Waffenlieferanten, allesamt ins Kanzleramt gekommen sind. Frieden ist ein hartes Wort – vor allem für Kriegsgegner.

Die Weltgemeinschaft, vor allem aber die Europäer als direkte Nachbarn, sind endlich wieder aufgewacht. Die EU sollte ein ganz eigenes Interesse haben, damit aus Libyen kein zweites Syrien wird. Längst haben die Großmacht Russland wie auch die regionale Hegemonialmacht Türkei ihren Fuß auf das Territorium des ölreichen Libyen gesetzt. Wer frühzeitig (auch militärisch) mitmischt, entscheidet am Ende darüber, an wen die Macht im Lande geht. Der Konflikt in Libyen hat alle Inhaltsstoffe, die ein Stellvertreterkrieg braucht.

Die Europäer haben zu lange zu unentschlossen und zu uneinig agiert. Jetzt versuchen sie sich mit dieser Berliner Konferenz als Feuerwehr, die den Brandherd wenigstens eindämmen will: mit einer Waffenruhe, die hält, mit einem Waffenembargo, das respektiert wird und mit einem politischen Prozess, auf den sich die Kriegsgegner hoffentlich einlassen. Doch vor allem Haftar, dessen Streitkräfte weite Teile des Landes regieren, wird nur mitmachen, wenn sein militärischer Vormarsch auf die Hauptstadt Tripolis endgültig ins Stocken gerät.

Am Ende könnte es dazu kommen, dass in Libyen eine internationale Schutztruppe über brüchigen Frieden oder instabilen Waffenstillstand wachen wird. Die Europäer, und damit auch die Bundeswehr, werden sich kaum vor einem aktiven Beitrag drücken können, will Deutschland weltweit tatsächlich militärisch mehr Verantwortung übernehmen, wie es Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zuletzt immer wieder betont hatte. Merkel und Maas haben die Teilnehmer der Libyen-Konferenz nicht in Friedens-Hypnose versetzt, aber sollte die Waffenruhe tatsächlich eine Zeit halten und zu weiteren politischen Gesprächen führen, hätte die Libyen-Konferenz von Berlin ihren Zweck schon erfüllt.

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