Kommentar Energiewende - Hin und her

Nicht schlecht für die ersten sechs Monate, könnte man meinen. Die große Koalition arbeitet mit beachtlichem Tempo ihr Programm ab.

Punkt für Punkt. Im Mai verabschiedeten CDU, CSU und SPD das Rentenpaket mit verbesserter Mütterrente und abschlagsfreier Rente mit 63 Jahren.

Am Freitag brachte die GroKo mit ihrer 80-Prozent-Mehrheit die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch den Bundestag, die am 1. August in Kraft tritt, wenn der Bundesrat in zwei Wochen zustimmt. Kommende Woche soll der gesetzliche flächendeckende Mindestlohn auf den Weg gebracht werden. Grund für Schulterklopfen?

Nicht unbedingt. Allein das Verfahren, mit dem Union und SPD die Ökostromreform durchgepaukt haben, entspricht eher dem von Hasardeuren als dem von Strategen mit einem Plan. 204 Seiten Gesetzestext hat die schwarz-rote Bundesregierung den Fachleuten im Wirtschaftsausschuss des Bundestages derart knapp vor Beginn ihrer Beratungen ausgeliefert, dass die Parlamentarier ihre Sitzung empört abbrachen.

Es folgten Sonderberatungen der Fraktionen, heiß gestrickte Änderungen an einer ungemein komplizierten Gesetzesmaterie, an der auch die EU-Kommission noch einiges auszusetzen hat. Unter anderem stört sich Brüssel daran, dass die Bundesregierung auch auf Strom, der aus dem EU-Ausland nach Deutschland importiert wird, die EEG-Umlage erheben will.

Was also bringt die heftig debattierte Ökostromreform für die Verbraucher - für die Unternehmen wie für die Privathaushalte?

Strom wird nicht billiger, immerhin aber auch nicht teurer. Vorerst. Die Energiewende soll bezahlbar bleiben, so das selbst gesteckte Ziel. Doch die Reform treibt auch groteske Blüten, wenn die EEG-Umlage künftig bei größeren Anlagen auch für Grünstrom aus Eigenproduktion bezahlt werden muss.

Das könnte nur noch dadurch übertroffen werden, dass Verbraucher analog zu dieser Regelung Mehrwertsteuer für Gurken oder Tomaten bezahlen müssten, die sie im eigenen Garten ernten. Absurd!

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, in früheren Zeiten auch Umweltminister, will die EEG-Reform zu seinem politischen Erfolg machen. Damit wird der SPD-Chef aber nur bedingt durchkommen. Erstens hat CDU-Chefin Angela Merkel früh deutlich gemacht, hier zähle der Mannschaftserfolg.

Und zweitens schafft Gabriel eine immense Bürokratie. Auf der einen Seite gewährt er milliardenteure Industrie-Ausnahmen, die der Normalbürger über seine Stromrechnung mitbezahlen muss. Für Betriebe mit Kraft-Wärme-Kopplung, die die EEG-Umlage bezahlen müssen, gibt es durch die Hintertür einen Ausgleich durch die KWK-Förderung. Es wird quer- und hin- und herverschoben. Das Ganze nennt sich dann: Energiewende.

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