Kommentar Eroberung von Kundus: In der Offensive

Ausgerechnet die Stadt im Norden Afghanistans, in der sich im Jahr 2001 die radikalislamischen Talibanmilizen am längsten gegen US-Truppen halten konnten, ist nach 14 Jahren die erste Provinzhauptstadt seit dem weitgehenden Abzug westlicher Truppen, die wieder in die Hände der Gotteskrieger gefallen ist.

Die Eroberung an der für Handel und Drogenschmuggel strategisch wichtigen Stadt, in deren Umgebung die Bundeswehr während ihres Afghanistan-Einsatzes nie Herr der Lage wurde, wäre alles andere als eine jener Attacken der Taliban, die außerhalb Afghanistans kaum noch zur Kenntnis genommen werden.

Afghanistans Armee hatte offenbar nichts von den Vorbereitungen gemerkt, weil sie seit dem Nato-Abzug kaum noch Luftaufklärung betreiben kann. Jetzt werden Einheiten der rund 30 000 Mann starken Spezialkräfte Kabuls die Suppe wieder auslöffeln müssen. Bevor sie versuchen, Kundus zurückzuerobern, müssen sie freilich erst an die Front gelangen. Afghanistan besitzt trotz Milliarden-Ausgaben der Nato am Hindukusch nicht genügend Lufttransportmittel, um sie schnell dorthin zu transportieren.

Taliban-Führer Mohammed Akhtar Mansur, der erst vor ein paar Monaten die Führung der radikalislamischen Milizen übernahm, zeigt mit dem Angriff auf Kundus Zweiflern in den eigenen Reihen, dass mit ihm wieder militärische Großaktionen möglich sind. Dabei war der Sturm nur dank der Unterstützung durch Kämpfer der "Islamischen Bewegung Usbekistan" möglich. Und die hissen nebenher auch gerne mal die Fahne der Terrortruppe IS.

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