Kommentar zum Kita-Streik Erzieher sind nicht unterbezahlt

Bonn · Der Kita-Streik droht in die nächste Runde zu gehen, eine Einigung ist trotz Schlichtung noch nicht in Sicht. Doch statt mehr Gehalt für Erzieher, wären vor allem deutlich mehr neue Stelle hilfreich. Ein Kommentar.

Arbeitnehmer, die zu schüchtern sind, beim Chef mehr Gehalt zu fordern, können sich bei Verdi abgucken, wie Frechheit siegt. Die Gewerkschaft bleibt im Kita-Streik auf Krawallkurs, weil ihr das Angebot von bis zu 4,5 Prozent mehr Lohn für kommunale Erzieher zu mickrig ist. Erhöhungen im zweistelligen Prozentbereich sollen es sein. Und das, obwohl das Brutto von Erziehern vergangenes Jahr bereits um drei, dieses Jahr um weitere 2,4 Prozent aufgestockt wurde. Wie berechtigt sind solche Forderungen?

Ein Blick in die Tariftabelle hilft, den Kompass zu justieren. Erzieher verdienen beim Berufseinstieg rund 2370 Euro - mehr als Feuerwehrmitarbeiter mit ihrem Startgehalt von 2240 Euro. So wichtig Kinder-Frühförderung ist: Die Arbeit von Feuerwehr- oder Krankenhauspersonal ist nicht weniger belastend oder anspruchsvoll. Will man es gerecht, müssten auch deren Löhne spürbar steigen.

Sollte sich Verdi also durchsetzen, erhalten Kita-Berufseinsteiger 220 Euro, Kollegen mit 15 Jahren Berufserfahrung sogar 685 Euro mehr im Monat - Letztere dann insgesamt 3974 Euro brutto. Das wäre selbst für Akademiker (oder Grundschullehrer) mit ihrer längeren Bildungsphase ein formidables Gehalt. Der Beruf des Erziehers ist nicht unterbezahlt.

Geld muss vielmehr in Richtung Personalschlüssel fließen, denn auch die bestbezahlten Erzieher heben nicht die Kita-Qualität, wenn sie zu viele Kinder parallel betreuen müssen. 120 000 neue Stellen müssten geschaffen werden, rechnet die Bertelsmann-Stiftung. Ein Ziel, das jeden Streik und Steuergroschen wert wäre.

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