Kommentar Eskalation des Syrien-Konflikts - Diplomatie am Ende

Russland und China haben am Donnerstag die x-te Syrien-Resolution blockiert. Wenn es nicht so zynisch wäre, müsste man mit den Achseln zucken und fragen: Na und? Selbst wenn die UN-Veto-Mächte am Donnerstag gemeinsam weiße Tauben in den New Yorker Himmel hätten aufsteigen lassen, um danach Händchen haltend ein Friedenslied anzustimmen - wen im entfernten Damaskus sollte das noch beeindrucken?

Die Entscheidung im Syrien-Konflikt naht, und sie wird auf dem Schlachtfeld getroffen. Und dieses Schlachtfeld liegt nicht irgendwo "draußen", sondern mitten in den Wohngebieten. Hier von einem "Bürgerkrieg" zu sprechen, ist auch deswegen sehr treffend.

Die Zahl der zivilen Opfer geht inzwischen in die Zehntausende. Keine Diplomatie wird mehr verhindern können, dass bis zum bitteren Schluss gekämpft und gestorben wird. Dass dem schrecklichen Ende dann ein Schrecken ohne Ende folgt, ist ebenfalls leider allzu wahrscheinlich.

Noch vor wenigen Wochen hatte es danach ausgesehen, dass Baschar al-Assad mit seiner Strategie durchkommen könnte, die Kofi Annans dieser Welt vorzuführen und hinzuhalten, nach "konstruktiven Gesprächen" weitere Verhandlungen in Aussicht zu stellen und im Übrigen unvermindert schießen und bomben zu lassen, bis der Aufstand niedergeschlagen ist.

Aber nun hat sich das Blatt gewendet: Der Bombenanschlag im Zentrum der Macht hat gezeigt, wozu die Rebellen auch militärisch in der Lage sind. Der Tod wichtiger Funktionäre ist für das Regime vor allem psychologisch verheerend.

Musste man bis vor ein paar Tagen davon ausgehen, dass die politischen und militärischen Führungsfiguren loyal zu Assad stehen und nicht so schnell von der Fahne gehen werden, wie es in Tunesien und Libyen der Fall war, sind jetzt erste Absetzungsbewegungen zu registrieren. Immer mehr Offiziere und Soldaten werden sich die Frage stellen, ob sie auf das eigene Volk schießen sollen, um einen Mann an der Spitze zu schützen. Assads Tage sind gezählt.

Er kann wählen zwischen einer Flucht ins Ausland oder einem furchtbaren Lynch-Tod, wie ihn Muammar al-Gaddafi erleiden musste. Und dann? Was kommt dann?

Das Blutvergießen wird nur schwer zu stoppen sein. Tod und Folter haben so viel Hass gesät, dass die Rache an den Assad-Schergen erbarmungslos ausfallen dürfte. Zudem eint die Opposition nicht viel mehr als derartige Rachegelüste. Eine weitere gefährliche Gemeinsamkeit der widerstreitenden Oppositionskräfte ist diese: Sie alle besitzen viele Waffen. Wer wollte hier in einer Zeit nach Assad einen demokratischen Prozess initiieren und sichern?

Vielleicht - die Hoffnung stirbt ja zuletzt - könnten hier die UN wieder ins Spiel kommen. Aber ob sie nach all dem wirkungslosen Palaver von den Syrern dann noch ernst genommen werden?

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