Kommentar Ethik in der Wirtschaft - Kontrolle ist besser

Einst als Retter der Stuttgarter Sportwagenschmiede gefeiert, soll der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking nach dem Willen der Staatsanwaltschaft demnächst als Täuscher und Zocker vor Gericht gestellt werden.

Die Anklage wirft ihm vor, gemeinsam mit dem früheren Finanzvorstand Holger Härter bei der Übernahmeschlacht um VW unrichtige Angaben gemacht und damit Aktienkurse manipuliert und Anleger geschädigt zu haben. Wie viel an den Vorwürfen dran ist, wird das Gericht klären. Die Porsche-Affäre ist nur einer von vielen Skandalen, die seit Längerem die deutsche Wirtschaft und vor allem das Vertrauen in die Spitzenmanager deutscher Konzerne erschüttern.

Die Deutsche Bahn und einige Discounter hatten es mit der Überwachung von Mitarbeitern übertrieben, die Deutsche Telekom ließ jahrelang Journalisten und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bespitzeln, der Versicherungskonzern Ergo spendierte seinen Verkäufern Lustreisen mit Prostituierten, beim Stahlkonzern ThyssenKrupp gab es Luxusreisen für Journalisten und verbotene Absprachen für Schienenpreise, Mitarbeiter der Deutschen Bank sind offenbar in einen riesigen Steuerbetrugsskandal verwickelt - angesichts dieser "Who is who"-Liste der deutschen Wirtschaftselite reibt sich mancher ehrbare Kaufmann im deutschen Mittelstand verwundert die Augen. Wie korrupt ist eigentlich der Dax?

Die gute Nachricht: Alle diese Skandale sind - meist durch die Presse - ans Tageslicht gekommen. Viele Unternehmen haben auch Konsequenzen gezogen, die zumindest gute Absicht erkennen lassen. Es wurden intern Aufklärer bis in den Vorstand eingesetzt wie etwa bei der Telekom ein Datenschutzbeauftragter.

Kein Dax-Unternehmen, das sich heute nicht zu seiner Gesellschaftsverantwortung bekennt - im neudeutschen Zungenbrecher Corporate Social Responsibility genannt - oder sich dem deutschen Corporate Governance Kodex, einem Regelwerk, das Vorschläge für eine gute Unternehmensführung enthält, unterwirft.

Die lange Liste der Skandale zeigt aber: Selbstverpflichtung genügt längst nicht. Es finden sich in den Unternehmen genug Leute, die sich darum nicht scheren. Kontrolle ist besser. Bei Korruption liegt Deutschland in dem Anfang Dezember von transparency international veröffentlichten entsprechenden Index auf Platz 13 der am wenigsten korrupten Länder und damit nur im Mittelfeld vergleichbarer Staaten.

Die Arbeit von Behörden wie des Bonner Bundeskartellamts oder der Netzagentur kann deshalb gar nicht überschätzt werden. Mehr wirtschaftlicher Sachverstand bei der Justiz wäre wünschenswert. Schnelle Prozesse und empfindliche Strafen - das ist das richtige Rezept, mit dem wenigstens ein Teil der Schäden wiedergutgemacht werden kann.

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