Kommentar EU-Flüchtlingspolitik - Weltfremd

Hilflos, einfallslos, aussichtslos - mit anderen Worten lassen sich die nun schon Jahre andauernden Versuche der EU, die Flüchtlingsproblematik in den Griff zu bekommen, nicht beschreiben.

Tatsächlich ist die Lage dramatisch: Mehr als 200 000 Menschen haben im vergangenen Jahr bei der gefährlichen Reise über das Mittelmeer ihr Leben aufs Spiel gesetzt in der Hoffnung, in Europa eine neue Zukunft zu finden - für 3500 endete dieser Akt der Verzweiflung mit dem Tod. Doch die Union beschränkt sich bisher darauf, den Schutz der Außengrenzen zu verstärken.

Von geradezu bemerkenswerter Naivität zeugt die jetzt wieder einmal diskutierte Vorstellung, die Einrichtung von "Asylzentren" an der afrikanischen Küste könnte das Problem entschärfen. Dort sollen die Menschen informiert werden, was sie im gelobten Land Europa tatsächlich erwartet, und erfahren, ob sie überhaupt eine Chance auf Asyl haben.

Aber glaubt denn wirklich jemand, in Zeiten von Mobiltelefon und Internet in jedem Winkel der Welt wüssten die meisten Flüchtlinge nicht ganz genau, auf was sie sich einlassen? Rechnet irgendeiner ernsthaft damit, dass jemand, dessen ganzes Leben von der Hoffnung auf Europa bestimmt wird, brav in seine Heimat zurückkehrt, nur weil ihm gesagt wird, du hast keine Chance auf Asyl?

So weltfremd darf ein Politiker nicht sein. Nein, die EU-Flüchtlingspolitik braucht eine Grunderneuerung. Die Einführung eines fairen Schlüssels, nach dem Flüchtlinge in den Mitgliedsländern Aufnahme finden, wäre zumindest ein Anfang.

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