Kommentar EU, Türkei und Serbien - Licht und Schatten

Zwei Regierungschefs zu Besuch in Brüssel verkörpern an einem einzigen Tag Glanz und Elend der europäischen Erweiterungspolitik. Da ist der türkische Premierminister Erdogan, dessen Land seit einen halben Jahrhundert in den europäischen Staatenverbund drängt und seit acht Jahren über den Beitritt verhandelt.

Zunächst bündelten sich in seiner Person die Hoffnungen, Islam und Demokratie seien zu einer dauerhaften Verbindung fähig. Spätestens seit er eine friedliche Demonstrationsbewegung niederknüppeln ließ, hat sich diese Zuversicht in Skepsis verwandelt.

Und da ist zum anderen der serbische Ministerpräsident Dacic, einst Sprecher der Partei des Gewalt-Nationalisten Milosevic. Noch vor einem Jahr galt Serbien in der EU als abschreckendes Beispiel eines erstarrten Systems, das lieber die unverbrüchliche Freundschaft zu Russland beschwört, als sich auf den beschwerlichen Weg zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu machen. Jetzt kommt Dacic als regionaler Friedensengel und europäischer Musterschüler daher.

Erdogan und sein serbischer Amtsbruder stehen für das, was die Erweiterungspolitik der EU kann und was nicht. Sie kann, Einsicht des Führungspersonals beim jeweiligen Interessenten vorausgesetzt, ein rückständiges Land zu Anstrengungen anspornen, die es aus eigener Kraft kaum zustande brächte.

Sie kann aber diese eigene Kraft keineswegs durch Druck und Verheißungen von außen ersetzen. EU-Mitgliedschaft ist nicht das Resultat von Erziehung, sondern von Entwicklung. Die ist in beiden Fällen noch lange nicht geschafft.

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