Kommentar Eucharistischer Kongress in Köln - Heimat Kircher

KÖLN · Die Organisatoren etwa, die ein listiges Spiel mit den von ihnen kommunizierten hohen Teilnehmerzahlen spielten, hatten bei der Buchung des Kölner Stadion sicher nicht mit so vielen leeren Sitzreihen gerechnet.

Enttäuscht wurden aber auch die Erwartungen der Kritiker, die die ganze Veranstaltung schon im Voraus als ultrakonservativ bis reaktionär eingestuft hatten. Auch wenn der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner das Ziel gehabt haben mag, eine in seinem Sinne konstruktive Alternative zu den Katholikentagen ins Leben zu rufen - die deutschen Bischöfe waren klug genug, hier keine Frontstellung zuzulassen.

Und auch wenn Beiträge ausgemacht kirchenkritischer Initiativen im Programmheft fehlten, gab es auf den Podien bemerkenswerte Zwischentöne. Da wurde kritisch über das kirchliche Dienstrecht debattiert, und da wagte es ein Weihbischof, die Leuenberger Konkordie der reformierten Kirchen als mögliches Modell der Ökumene zur Diskussion zu stellen: Kircheneinheit trotz bestehender Lehrunterschiede?

Dass bei vielen Veranstaltungen noch jede Menge Plätze im Auditorium zu vergeben gewesen wären, mag aus Sicht der Veranstalter zu bedauern sein - die Teilnehmer haben von einer oft ausgemacht familiären Atmosphäre profitiert. Es kam zu bewegenden Momenten wie bei der Begegnung mit dem Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der über die Angst vor dem Tod sprach. Und der berichtete, wie er im Alter von 38 Jahren erfuhr, dass er Krebs hatte, und eine Zeit lang nicht einmal mehr beten konnte.

In solchen Augenblicken hat das Kongressmotto "Herr, zu wem sollen wir gehen" eine neue, eine wohl ursprünglich gar nicht beabsichtigte Bedeutung erhalten. Dieses Wort leitet im Johannesevangelium ja das Glaubensbekenntnis des Petrus ein, ausgesprochen in einer Situation, in der viele Zuhörer Jesu "murren" und sich abwenden. Ein Wort so ganz nach dem Herzen von Kardinal Meisner: Viele mögen gehen, die wirklich Überzeugten bleiben.

"Zu wem sollen wir gehen" mögen aber auch viele Menschen in tiefen Krisen fragen - und wenn die katholische Kirche ihrem eigenen Anspruch gerecht wird, dann bietet sie ihnen auch ohne Prüfung auf Linientreue Zuflucht und Halt. Zu den abendlichen Lichtfeiern im Kölner Dom sind viele sicher vor allem wegen des Spektakels gekommen; aber vielleicht ließ sich der eine oder andere dann doch von den Meditationen über einen Fronleichnamshymnus anrühren, dessen Anfangsworte und dessen Melodie er noch aus Kindertagen kannte. Kirche als Heimat, eine Kirche mit auch zu ungewohnten Zeiten offenen Türen: Das war in Köln zu erleben. Daran sollten die Bischöfe, daran sollte jede Gemeinde anknüpfen.

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