Kommentar Europa - Fahrlässig

Zu Recht hat die Bundeskanzlerin davor gewarnt, ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU auf die leichte Schulter zu nehmen. Wer da nach dem Motto verfahre "Reisende soll man nicht aufhalten", handle fahrlässig.

In der Tat. Man muss kein eingeschworener Jünger des britischen Verständnisses von Marktwirtschaft sein, um die Aussicht auf "Brexit" beunruhigend zu finden. Es ist eine Frage des Gewichts: Europa hätte ohne die UN-Vetomacht und ihre weitgespannte Kompetenz auf der Weltbühne schlicht weniger zu melden.

Fragt sich nur, wer sich Merkels Ermahnung zu Herzen nehmen sollte. Geäußert wurde sie im Bundestag, gerichtet hat sie sich an die deutsche Öffentlichkeit und Politik. Dort gibt es freilich gar nicht so viele, die sich die von Merkel beklagte Wurstigkeit leisten.

Die größere Fahrlässigkeit liegt bei den Briten selbst, vor allem bei ihrem Premier Cameron. Der hat aus der Ernennung des Luxemburger Alt-Europäers Juncker zum Kommissionspräsidenten eine Frage von Sein oder Nichtsein gemacht. Das Argument ist an Grobschlächtigkeit nicht zu überbieten: Juncker sei die Verkörperung der Idee des fortschreitenden Zusammenschlusses der europäischen Völker.

Die gehöre aber in den Papierkorb, weil auf der Insel die Euro-Skeptiker die Europawahlen gewonnen haben. Also komme Juncker nicht in Frage. Tatsächlich aber ist das Ziel der "immer engeren Union" Teil der gemeinsamen Geschäftsgrundlage. Es steht im EU-Vertrag und trägt auch die Unterschrift des Premierministers Ihrer Majestät.

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