Kommentar Europa und die NSA - Windmühlen

Die Hoffnung, Europa werde Edward Snowden gleichsam als modernen Helden adeln und ihm Asyl anbieten, war eine Illusion. Das Europäische Parlament kann keine Zuflucht offerieren, nicht einmal einfordern.

Aber darum ging es gar nicht. Längst hat die NSA-Affäre ein neues Stadium erreicht. Die Rufe nach rückhaltloser Aufklärung haben dem politischen Bemühen Platz gemacht, Washington nicht mehr als unbedingt nötig zu verärgern. Darunter hat die Arbeit des Untersuchungsausschusses der Europa-Parlamentarier gelitten. Denn zu vieles bleibt im Dunklen.

Stattdessen setzt die EU nun auf europäische Konkurrenz zu den großen US-Konzernen, denen man vormachen will, wie eine Suchmaschine, soziale Netzwerke oder Verschlüsselung funktionieren können - auf hohem Datenschutz-Niveau. Das mag eine noble Absicht sein, realistisch ist das nicht.

Denn in vielen Fällen waren es nicht nur amerikanische Internet-Riesen und Geheimdienst-Schnüffler, die die Daten der Europäer ausgespäht und abgesaugt haben, sondern Mitarbeiter westlicher Dienste. Und die werden nicht darauf verzichten wollen, auch die EU-Konkurrenz zu durchleuchten. Der Kampf gegen die Windmühlen geht weiter.

Dabei haben weder die Mitgliedstaaten noch die Spitzen der EU verstanden, dass der Ausspäh-Skandal eine Zeitenwende bedeutet. Natürlich gab es auch schon früher Datenschutzlücken und Skandale, weil persönliche Informationen in falsche Hände gerieten. Aber nie zuvor haben die Menschen erfahren müssen, wie wenig das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre noch zählt.