Kommentar Europa und die Wut seiner Bürger - Lernfähig

Es ist ja nicht so, als ob Brüssel bisher einen Mangel an Erfahrungen mit Wutbürgern hätte. Strangulierte Puppen an Galgen, Milchseen vor der EU-Kommission, ja ganze Fisch-Trawler werden in Brüssel aufgefahren, um Widerstand zu signalisieren.

Doch die Lage hat sich verändert. Bisher wurde lediglich hinter verschlossenen Türen mal eingeräumt, dass die eine oder andere Richtlinie kein großer Wurf gewesen sei. Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier war beim Streit um den vermeintlichen Privatisierungszwang für die öffentliche Wasserversorgung der Erste, der zugab, dass sein "Text nicht die von den Bürgerinnen und Bürgern erwarteten Garantien gibt".

Ein Kommissar lenkt ein? So viel Lernwilligkeit war bislang tatsächlich keine Eigenschaft, die Europäische Kommissionen auszuzeichnen pflegte. Mit Abgehobenheit schraubte der EU-Gesetzgeber seinen Bürgern die Leuchtkörper in die Fassungen, die man für richtig hielt. Eingriffe in das Privatleben der Menschen werden immer häufiger.

Nun entsteht immer häufiger jene außerparlamentarische Opposition, die mit dem Instrument eines Europäischen Bürgerbegehrens eingefangen werden sollte. Eine Art institutionalisierte Versammlung der Wutbürger, die man allerdings derart drastischen Auflagen unterwarf, dass eine sinnvolle Anwendung bislang als nahezu ausgeschlossen galt. Ein Irrtum! Denn: Der Wutbürger lässt sich weder einfangen noch stoppen, ihn kann man auch nicht kanalisieren oder gar entmündigen.

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