Kommentar zur Präsidentschaftswahl in Polen Extrem bitter

Meinung · Antideutsche Attacken haben in polnischen Wahlkämpfen eine ungute Tradition. Doch Amtsinhaber Duda ordnet alles dem einen Ziel unter: dem Machterhalt der PiS. Das ist extrem bitter, weil die Versöhnung zwischen Polen und Deutschen 75 Jahre nach dem Krieg eigentlich auf einem guten Weg ist, meint unser Autor.

   Antideutsche Aussagen: Andrzej Duda spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung.

Antideutsche Aussagen: Andrzej Duda spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung.

Foto: dpa/Tytus Zmijewski

Im Jahr 2005 rettete die rechtsnationale PiS ihre Kampagne, indem sie ihren Gegner Donald Tusk als „patriotisch zweifelhaft“ brandmarkte, weil sein Großvater einst von den Nazis zwangsrekrutiert worden war. Der „Opa aus der Wehrmacht“ ebnete der Partei von Jaroslaw Kaczynski damals den Weg an die Macht. Tusk kam zwar gestärkt zurück. Aber die PiS spielt seither regelmäßig die antideutsche Karte aus.

Zuletzt rief sie im Europawahlkampf 2019 das Thema Reparationen auf, das rechtlich erledigt ist, aber zur Stimmungsmache taugt. Auf Emotionen setzt nun auch Präsident Andrzej Duda, der um seine Wiederwahl bangen muss. Der PiS-Kandidat scheint seiner eigenen Bilanz nicht zu trauen und teilt deshalb blindwütig aus. Gegen liberale Eliten, Homosexuelle und Transgender und nun auch gegen Deutsche und Deutschenfreunde. Dabei ist Duda selbst mit einer Germanistin verheiratet. Früher galt er als einer, der den Nachbarn im Westen durchaus gewogen ist. Nun jedoch ordnet er alles dem einen Ziel unter: dem Machterhalt der PiS mit ihrem autoritären Anführer Kaczynski.

Das ist extrem bitter, weil die Versöhnung zwischen Polen und Deutschen 75 Jahre nach dem Krieg eigentlich auf einem guten Weg ist. In den vergangenen Jahren ist die Bereitschaft in Deutschland sogar spürbar gewachsen, sich dem historischen Leid der Polen noch einmal aufmerksamer und empathischer zuzuwenden. In Berlin dürfte es dazu bald einen neuen Gedenkort geben. Und auch die Menschen diesseits und jenseits von Oder und Neiße sind sich in den vergangenen 30 Jahren immer näher gekommen. Da bleibt nur zu hoffen, dass die aktuelle Hasskampagne nicht verfängt.

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