Kommentar Festung Europa - Eiserner Vorhang

Die europäischen Grenzwälle, mit denen die Festung Europa gegen illegale Einwanderer verteidigt wird, werden immer höher. Doch auch eine Aufrüstung der europäischen Außengrenzen kann offenbar nicht die wachsende Zahl der Armuts- und Krisenflüchtlinge aufhalten.

Diese bittere Erfahrung muss dieses Jahr das südeuropäische EU-Land Spanien machen: Die beiden spanischen Städte Ceuta und Melilla, die als Exklaven an der nordafrikanischen Küste liegen, wurden in den letzten Monaten buchstäblich von Flüchtlingen überrannt.

Dabei verstärkt Spanien die Grenzen in seinen beiden von Marokko umgebenen Garnisonsstädten kontinuierlich. Die kilometerlangen Grenzwälle ähneln zunehmend der früheren innerdeutschen Grenze: sechs Meter hohe Doppelstahlzäune, die noch mit messerscharfem Nato-Stacheldraht abgesichert sind.

Auch Tote gibt es immer wieder an diesem eisernen Vorhang, mit dem sich Europa gegen illegale Einwanderer abzuschotten versucht. Dieser Tage starben nach Angaben von Hilfsorganisationen zwei Afrikaner am Zaun von Melilla. Sie wurden Zeugenaussagen zufolge von marokkanischen Grenzern, die vor allem mit Schlagstöcken gegen die Migranten vorgehen, zu Tode geprügelt.

Im Februar kamen gleich 15 Afrikaner an der Grenze der knapp 400 Kilometer westlich liegenden Schwesternstadt Ceuta um, als sie von einem nahen Strand aus schwimmend in die spanische Exklave gelangen wollten. Damals feuerten spanische Grenzpolizisten mit Gummikugeln auf die Eindringlinge.

Doch auch solche Nachrichten schrecken die Migranten nicht ab: Regelmäßig stürmen meist im Morgengrauen ganze Heerscharen - manchmal mehr als eintausend Flüchtlinge gleichzeitig - auf die Grenzzäune zu. Und meistens gelingt es etlichen, spanisches und damit europäisches Territorium zu erreichen.

Seit Januar hat sich die Zahl jener, die es über den spanischen Zaun schafften, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vervielfacht. In 2013 war insgesamt 4235 Flüchtlingen der Grenzsprung in eine der beiden Städte gelungen. Es wären noch viel mehr Ankömmlinge, wenn es nicht zur umstrittenen Praxis der spanischen Grenzwächter gehören würde, jene Afrikaner, die beim Zaunsprung erwischt werden, gleich wieder auf marokkanischen Boden zurückzubefördern.

Ohne mögliche Asylgründe zu prüfen, wie es die Flüchtlingskonvention vorschreibt. Ceuta und Melilla sind derzeit die heißesten Außengrenzen Spaniens. Wohl auch, weil der Grenzsprung einfacher und vor allem billiger ist als andere Fluchtwege Richtung Spanien: Kaum mehr als 50 Euro kassieren die Schlepper von jenen armen Seelen, die sie nach Ceuta und Melilla dirigieren - während für die lebensgefährlichen Bootsfahrten übers Mittelmeer ein Vielfaches fällig wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Symbolbild.
Leerstand ist keine Option
Kommentar zu den Problemen der VermieterLeerstand ist keine Option
Nicht alles gut
Kommentar zum Wechsel im Amt des Datenschutzbeauftragten Nicht alles gut
Zum Thema
Von GA-Redakteur
Philipp Königs
zur Klimaplan-Bilanz
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-BilanzErfolg bemisst sich an Taten
Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Kommentar zu den Folgen der Cannabis-Legalisierung Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Aus dem Ressort