Kommentar Finale der Champions League - Liebling Deutschland

Das Gefühl ist neu. Noch ungewohnt. Fast ein wenig befremdlich. Aber wir Deutschen werden im Ausland gemocht. Ein bisschen zumindest. Man attestiert uns Leichtigkeit, Fröhlichkeit, Offenheit. Und verantwortlich dafür ist - der Fußball.

Deutlich mehr als 200 Millionen Menschen sahen am Samstag weltweit das Champions-League-Finale. Bayern München und Borussia Dortmund, zwei deutsche Mannschaften mit Multi-Kulti-Touch, spielten einen leidenschaftlichen und begeisternden Fußball.

Zehntausende deutsche Fans begleiteten die furiosen 90 Minuten friedlich und ausgelassen. Aus dem hässlichen Deutschen ist der sympathische Deutsche geworden. Die Panzer- und Stahlhelm-Klischees haben ausgedient. Zumindest, bis Kanzlerin Angela Merkel demnächst mal wieder ein Euro-Krisenland zur wirtschaftlichen Vernunft ruft.

Was weder Goethe noch Benedikt, weder Kultur noch Religion und schon gar nicht die Politik schaffte, ist dem Fußball gelungen. Er hat das Bild des Deutschen im Ausland ein bisschen weicher gezeichnet. Weniger Grau, dafür mehr Pastelltöne. Weniger Grimmigkeit, dafür mehr Lachen. Ob das Bestand hat, ist eine andere Frage. Auch, ob das berechtigt ist. Aber es ist definitiv schön, dass Deutschland mal ein bunteres Etikett aufgeklebt bekommt.

Die Geschichte, wie die teutonischen Rumpelfüßer die Leichtigkeit des Spiels entdeckten, ist oft genug geschrieben worden: Scheitern bei der EM 2000, Neuausrichtung der Nachwuchsförderung, reiche Ernte an Talenten. Das ist der eine Aspekt. Der andere ist, dass Deutschland während der WM 2006 eine große Chance nutzte. Zuerst begeisterte die Nationalelf das Land, dann das Land seine Gäste. Den fröhlichen, ausgelassenen Deutschen kannte man so nicht. Wahrscheinlich kannte er sich so selbst noch nicht. Bundestrainer Jürgen Klinsmann war damals der ideale Außenminister.

Natürlich hat das Finale von London nicht nur eine diplomatische Seite, sondern auch eine fußballerische. Es hat gezeigt, dass der Unterschied zwischen Bayern und Dortmund keineswegs 25 Punkte beträgt, wie es die Bundesligatabelle weismachen wollte. Es hat der Generation der Unvollendeten um Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm endlich einen internationalen Titel gebracht. Und es hat einem Trainer auf der Zielgeraden seiner Karriere einen wundervollen Abschluss beschert. Wenn Jupp Heynckes denn wirklich aufhören will.

Der Zeitpunkt wäre jedenfalls perfekt. Bei ihrer dritten Finalteilnahme seit 2010 holten die Bayern endlich den Henkelpott. Das ist Heynckes' großes Alterswerk. Wundere sich deshalb niemand, wenn in München demnächst der Vorname Jupp die Leons aus der Hitliste kickt. Etwa Xaver-Jupp. Oder gar Lena-Jupp. Aber nein, so verrückt sind die Deutschen dann doch nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Symbolbild.
Leerstand ist keine Option
Kommentar zu den Problemen der VermieterLeerstand ist keine Option
Nicht alles gut
Kommentar zum Wechsel im Amt des Datenschutzbeauftragten Nicht alles gut
Zum Thema
Von GA-Redakteur
Philipp Königs
zur Klimaplan-Bilanz
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-BilanzErfolg bemisst sich an Taten
Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Kommentar zu den Folgen der Cannabis-Legalisierung Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Aus dem Ressort