Kommentar Finanztransaktionssteuer - Vernünftiger Ansatz

Dass man eine neue Steuer als ökonomisch machbar und politisch sinnvoll bezeichnen muss, gibt es nicht oft. Bei der nunmehr absehbaren Abgabe auf Finanzgeschäfte aber muss man denen, die schon wieder den Untergang des freien Marktes in elf EU-Mitgliedstaaten prophezeien, widersprechen.

Ganz im Gegenteil: Die Kommission fordert eine minimale Abgabe. Von ernsthaften wirtschaftlichen Verwerfungen zu sprechen, ist übertrieben. Darüber hinaus ist politisch sehr wohl richtig, sich von einem mehrere Billionen Euro schweren Markt jenes Geld zurückzuholen, welches die Steuerzahler in die Stabilisierung der Institute gesteckt haben.

Wenn dann auch noch sichergestellt ist, dass findige Händler die Abgabe nicht einfach umgehen können, stimmt sogar das Attribut "fair". Denn eine deutsche Aktie soll ja beispielsweise nach dem Start grundsätzlich - also unabhängig vom Handelsort - unter die Abgabepflicht fallen. Das macht das Vorhaben zu einem realisierbaren Projekt.

Natürlich werden Investoren getroffen. Aber dabei handelt es sich doch um jene Zocker, deren Spekulation man eingrenzen will. Weil sie mit ihren Wetten auf den Euro und das Überleben der Währungsunion die Finanzmarktkrise ausgelöst und daran verdient haben. Der langfristige Anleger wird von dieser Steuer sicherlich nicht davon abgehalten, sein Geld in Aktien oder Anleihen zu stecken.

Nein, die Gegner der Abgabe und alle jene, die uns nun klarmachen wollen, dass die empfindlichen Weltmärkte gestört würden, gehen von Voraussetzungen aus, deren Unrichtigkeit in den vergangenen Jahren immer wieder dokumentiert wurde. Es stimmt eben nicht, dass man die Märkte nur in Ruhe lassen muss, weil sie dann reibungslos und gut funktionieren. Sie schaffen keineswegs faire Preise und vernünftige Voraussetzungen für einen fairen Handel.

Die Krake Spekulation hat sich mit unsauberen Handelspraktiken gepaart und die Gleise eines geordneten Ablaufes längst verlassen. Insofern ist das Eingreifen der Politik Pflicht, weil sie sonst zum Sklaven dieser Zocker-Mentalität wird. Das heißt: Sie muss den Märkten Rahmen setzen - durch Kontrolle, durch Überwachung. Und notfalls auch durch eine Beteiligung an den gesellschaftlichen Kosten, die verursacht wurden.

Nichts anderes geschieht gerade in Brüssel. Ob gedeckelte Banker-Boni, Verlangsamung des Hochgeschwindigkeitshandels oder Überwachung von Hedge-Fonds - alle Instrumente ergeben jenen Mechanismus, der für eine sachgerechte politische Lenkung notwendig ist. Die Finanztransaktionsteuer gehört, noch dazu mit dieser jetzt vorgeschlagenen Ausgestaltung, konsequenterweise hinzu.

Das mag man in London, Stockholm und weiteren Hauptstädten anders sehen - noch.

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