Kommentar zur Grundsteuer-Einigung Flickenteppich bleibt

Meinung | Berlin · Auch an der sozialen Dimension wird die Reform zu messen sein, meint unser Autor.

 Die Spitzen von Union und SPD haben den monatelangen Streit über die Grundsteuerreform beigelegt.

Die Spitzen von Union und SPD haben den monatelangen Streit über die Grundsteuerreform beigelegt.

Foto: picture alliance/dpa

Das ist er also, der Kompromiss, für den die Koalition mehr als ein Jahr gebraucht hat: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) darf sein Modell umsetzen. Und jedes Land, das damit nicht zufrieden ist, darf sich sein eigenes Konzept stricken. Warum das nicht schon früher möglich war? Unklar.

Klar ist nur, dass der Gesetzgebungsprozess jetzt endlich starten kann. Für die Kommunen ist das ein gutes und wichtiges Signal. Sie sind auf die Grundsteuer maßgeblich angewiesen, der Ertrag kommt ihnen direkt zugute. Positiv ist auch, dass die Länder nun nicht binnen weniger Monate agieren müssen, sondern die Frist des Verfassungsgerichts voraussichtlich mit der Umsetzung des Bundesmodells einhalten können. Wollen sie davon abweichen, bleiben ihnen noch mehrere Jahre Zeit.

Zu den Gewinnern gehört auch Bayern, das sich mit der Öffnungsklausel und der geplanten Extrawurst einer rein flächenabhängigen Steuer durchsetzen konnte. Wer in einer bayerischen Stadt eine Immobilie im teuren Zentrum gekauft hat, dürfte sich künftig über eben dieses geplante Modell in Abgrenzung zum wertabhängigen Konzept freuen. Das erwarten zumindest Experten, die von moderaten Hebesätzen ausgehen.

Auf der Verliererseite steht Scholz, wollte er doch immer ein bundeseinheitliches Gesetz. Damit ist er am Widerstand Bayerns gescheitert. Auch die Signale aus anderen Ländern, notfalls die wichtigen Mehrheiten zu blockieren, ließen ihn einknicken.

Damit trifft es einen Finanzminister, der in früheren Jahren als Erster Bürgermeister Hamburgs und Länderkoordinator in Finanzfragen mit dafür verantwortlich war, dass es bei der Grundsteuer jahrzehntelang nicht voranging. Das zumindest ist jetzt anders.

Was bleiben wird, ist der Flickenteppich in Deutschland. Jede Kommune kann eigene Hebesätze festlegen und soll das auch. Schließlich wissen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister am besten Bescheid, wie sie mittels der Berechnungswerte die Stadtentwicklung lenken wollen.

Aber wirklich entscheidend für Landesregierungen, für Kommunen und nicht zuletzt für den Bundesfinanzminister wird sein, ob es gelingt, dass Mieter von der Umlage einer höheren Grundsteuer weitgehend verschont bleiben. Sie haben nichts von Wertsteigerungen der Immobilie, in der sie leben, sofern sie einzig durch die Lage und knappes Angebot zustande kam. An dieser sozialen Dimension wird die Reform auch zu messen sein.

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