Kommentar François Hollandes erste 100 Tage - Zeit für Klartext

Sein erstes Versprechen hat François Hollande gehalten: Einen Regierungsstil einzuführen, der sich fundamental von dem seines Vorgängers Nicolas Sarkozy unterscheidet.

Zwar hat er wenige Fehler begangen. Beim Zusammenstellen einer effektiven Regierungsmannschaft achtete er auf Geschlechtergleichheit. Bei der Krise um den Autobauer PSA Peugeot Citroën legte er ein Hilfsprogramm auf, das zwar den geringen Handlungsspielraum der Regierung offenbarte - aber er zeigte Präsenz.

Wo der autoritäre Sarkozy handstreichartig seine Beschlüsse verkündigte, schafft der konsensorientierte Hollande eine Wohlfühl-Atmosphäre, bevor er Entscheidungen trifft, die weh tun, aber nötig sind. Jetzt wächst die Ungeduld: Wann fängt er damit an? Keiner seiner Vorgänger konnte mit so satten Mehrheiten regieren: Die Sozialisten kontrollieren das Parlament, die Regionen, die meisten Départements und großen Städte.

Die europäische Schuldenkrise hat ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Spardisziplin geschaffen. Eine ideale Ausgangslage, um das Land zu modernisieren mit Beschlüssen für einen flexibleren Arbeitsmarkt, den Abbau des aufgeblähten Beamtenapparates, eine Reform des defizitären Sozialsystems. Doch hat Hollande den Mut dazu?

Im Vorfeld den Dialog mit den Gewerkschaften zu suchen, um Blockaden zu vermeiden, ist ein geschickter Schachzug. Doch vor dem zweiten zögert er. Noch immer dominiert Unschärfe die Worte und Taten des Präsidenten. Es ist Zeit, sich vom Anti-Modell Sarkozy zu lösen - und nicht nur zu sagen, wofür er nicht steht. Das Land wartet auf Klartext.

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