Kommentar Friedrich-Rücktritt im Fall Edathy - Noch viele Fragen

Am Ende ging es ganz schnell: Minister Hans-Peter Friedrich war nicht mehr im Amt zu halten. Doch seine Rücktrittserklärung machte deutlich, dass er sich keiner Schuld bewusst ist.

Dies bleibt einer der unerklärlichen Auswüchse der Edathy-Affäre, die zu einer schwerwiegenden Regierungskrise werden kann. Auch wenn es in dem Fall weitaus mehr Fragen als Antworten gibt, erlauben die bekannten Fakten zumindest einen Einblick in einen Vorgang, der den zuständigen Staatsanwalt Jörg Fröhlich zu Recht "erschüttert" und "fassungslos macht".

Und die staunende Öffentlichkeit steht dem Geschehen ungläubig gegenüber. Was ist da los? Welches Rechtsbewusstsein liegt bei den Handelnden, allesamt deutsche Spitzenpolitiker, zugrunde? Wer wusste was wann? Wer hat mutmaßlich die Arbeit der Ermittler erschwert, gar behindert?

[kein Linktext vorhanden]Klar ist bisher: Da steht im Herbst 2013 der Verdacht im Raum, dass der angesehene Innenpolitiker Edathy bei einer kanadischen Firma, die Kinderpornografie im Internet vertreibt, Videos und Fotos von unbekleideten Jungen bestellt hat. Der damalige Innenminister Friedrich gibt SPD-Chef Sigmar Gabriel einen Hinweis - quasi von Großkoalitionär zu Großkoalitionär. Man kennt sich halt, man will eine Regierung bilden. Da kann eine vertrauensbildende Maßnahme nicht schaden. Wer weiß, wozu es nützt.

Strafvereitelung? Geheimnisverrat? Schmarrn! Friedrich trat am Freitag nur wegen des "großen Drucks" zurück, nicht etwa wegen eines Fehlverhaltens. Schließlich hat er es doch nur gut gemeint. Die ebenfalls informierten SPD-Politiker um Parteichef Sigmar Gabriel sind sich offiziell auch keiner Schuld bewusst. Und das war es jetzt? Klappe zu, weiter geht´s mit dem Regieren? Keineswegs. Auch wenn die große Koalition darauf setzen dürfte, dass mit dem Friedrich-Rücktritt der Auslöser der Affäre benannt ist und die persönlichen Konsequenzen gezogen sind, werden in den nächsten Tagen und Wochen weitere Details ans Licht kommen.

Natürlich will es zunächst keiner gewesen sein. Andere haben die Tipps gegeben. Man selbst wisse nicht viel, könne eigentlich gar nichts dazu sagen. Auch Gedächtnislücken wird es geben. Das ist nicht neu. Doch Skandale dieser Tragweite lassen sich erfahrungsgemäß weder begrenzen noch per Dekret beenden, dafür gibt es unzählige Beispiele.

[kein Linktext vorhanden]Und vieles deutet darauf hin, dass es hier in der Folge nicht nur um politisch motivierte Kumpanei geht. Einen Hinweis gab Staatsanwalt Fröhlich: Weil Edathy schon vorab von dem Verdacht erfahren habe, seien die Ermittler "hoffnungslos in der Hinterhand gewesen". Und das beim Verdacht der Kinderpornografie! Allerdings liegt auch mit Blick auf die Arbeit der Ermittler eine zentrale Frage nahe: Warum ließen sie vom Herbst bis jetzt so viel Zeit verstreichen, ehe sie aktiv wurden?

Klar ist: Für die Vorwürfe gegen Edathy gilt die Unschuldsvermutung. Doch fernab von diesen Ermittlungen und den juristischen Entscheidungen hat der Fall noch eine andere Dimension. Welche Schuld tragen die Mitwisser? Es geht um Verantwortung von politischen Führungskräften und die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats. Nicht mehr und nicht weniger.

Am Ende kommt die Wahrheit ans Licht. Hoffentlich.

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