Terrorfurcht in den USA Fürchtet euch!

Washington · Sonniger Optimismus und eine an Coolness grenzende Gelassenheit, wenn draußen in der Welt die Verhältnisse zu tanzen begannen - das waren die Markenzeichen jenes Amerikas, dem Ronald Reagan vorstand. So wurde er zum Säulenheiligen der republikanischen Partei. Leider unternimmt sie gerade alles, dieses Erbe unkenntlich zu schleifen.

An die Stelle von Souveränität und Augenmaß ist im nach dem Schockerlebnis 11. Sepetember 2001 begonnen Kampf gegen den islamistischen Terror pure Hysterie getreten. "Fürchtet euch", heißt die Tagesparole.

Angeführt von einem dubios frisierten Rattenfänger haben sich die Spitzenleute der einst staatstragenden "Grand Old Party" nicht nur darauf geeinigt, diesen Staat so zu behandeln wie die Abrissbirne die Bauruine. Sie sind auch übereingekommen, das Schutzbedürfnis einer von professionellem Terror bedrohten Nation in seltener Schamlosigkeit auszubeuten.

Da wird inflationär von "Krieg" schwadroniert und der Notwendigkeit, den Feind unter Bombenteppichen zu beerdigen, "bis der Sand glüht". Das geschieht mit Blick auf den politischen Puls eines Volkes, das bei stabil 33 000 Schusswaffen-Toten pro anno nicht einmal mehr die Augenbrauen hochzieht. Hingegen bei Verbrechen, aus denen sich auch nur der kleinste Hinweis auf die Religion des Propheten destillieren lässt, durch gewissenlose Wahlkampfkrieger in Kreuzzuglaune gerät. Seit FBI-Kommunistenfresser J. Edgar Hoover in den 50er Jahren das Patent auf die politische Instrumentalisierung der Angst erworben hat, wurde noch nie so ruchlos gelogen, in die Irre geführt und gehetzt.

Wer die apokalyptischen Töne von Donald Trump und den meisten seiner der Staatskunst völlig entfremdeten Rivalen vernommen hat und nicht mit der Realität vertraut ist, der muss den Eindruck gewinnen, Amerikas Besetzung durch den Islamischen Staat oder andere Schurken sei nur noch eine Frage der Zeit. Und ein zweites "9/11" kommt sowieso.

Niemand der Möchtegern-Commander-in-Chief besitzt den Anstand zu sagen, dass Amerika nach dem Weckruf am World Trade Center eine beispiellose Festung um sich gezogen und den Staatsschutz zur Staatsdoktrin erhoben hat. Niemand sagt, dass sich so das Ausbleiben von Anschlägen erklärt, wie sie das strukturell offene Europa in London, Madrid, Brüssel und Paris mehrfach betrauern musste.

Stattdessen wohin man auch sieht: Panikmache, Untergangs-Szenarien, subtile Aufstachelung zum Ressentiment gegen den Islam an sich und die Verächtlichmachung des amtierenden Präsidenten, der sich standhaft der Gruppen-Dynamik der Paranoia verweigert.Das wichtigste Ziel der Mörderbanden des IS und anverwandter Gesellschaftszerstörer ist damit erreicht. Es herrschen Verunsicherung, Angst und Schrecken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Demokraten zeigen Zähne
Kommentar zur Situation der AfD Die Demokraten zeigen Zähne
Zum Thema
Ende der Naivität
Kommentar zu russischer Spionage in Deutschland Ende der Naivität
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-Bilanz Erfolg bemisst sich an Taten
Aus dem Ressort