Kommentar Gaucks Antrittsbesuch bei der EU - Europa-Vision

BRÜSSEL · Joachim Gauck hält keine Reden, er hat ein Anliegen. Deutlicher als seine unmittelbaren Vorgänger macht der neue Bundespräsident klar, dass es hinter dem aktuellen politischen Ringen einen Plan geben muss - oder geben sollte. Freiheit als zentrales Thema Europas steht nicht auf der Tagesordnung.

Aber ohne ein Bild von der Freiheit, für die Europa stehen sollte, ist keine Tagesordnung möglich. Indem Joachim Gauck diese Wahrheiten in Erinnerung ruft, gibt er dieser EU etwas von der Seele zurück, die ihr in den letzten Krisenjahren verloren gegangen ist: den Glauben daran, dass das Projekt Europa eine historische Kostbarkeit ist.

Das mag wie eine emotionale Kur für die von nationalen Egoismen und Streit ums Geld geschundene Seele der Union wirken. Tatsächlich aber hat die Gemeinschaft mehr denn je so etwas wie eine Besinnung auf ihre Gründungsidee nötig. Denn der Krach um milliardenschwere Hilfspakete hat die eigentlichen Ursachen dieses Tiefs verschüttet.

Nationale Verschuldung ist eine Seite jenes politischen Egozentrismus, den sich nationalistisch gesinnte Führungsfiguren in den Mitgliedstaaten erlaubten, ohne je an die Konsequenzen zu denken, die nun alle zu tragen haben. Dieses Denken kann man durch Verträge wie den zur Fiskalunion zu bekämpfen versuchen.

Aber letztlich geht es um eine andere Gesinnung dem gemeinsamen Ganzen gegenüber. Zu den zentralen Werten der europäischen Familie gehören nicht nur die Menschenrechte, das Recht auf Arbeit und etliche andere Sozialstandards, sondern auch die Stabilität - politisch, finanziell, ökonomisch.

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