Kommentar Gefährliche Fantasien
Jerusalem · Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht international unter Druck. Dieses Mal geht es nicht um einen nuklearen Iran, nicht um die Friedensgespräche mit den Palästinensern oder den Bau neuer Siedlungen, sondern um jüdischen Rechtsextremismus, der von seinen Anhängern religiös verbrämt wird.
Schon seit mehreren Jahren werden im Westjordanland, aber zunehmend auch in Israel Kirchen und Moscheen mit Hassparolen beschmiert, werden Olivenbäume von Palästinensern abgeholzt und ihre Fahrzeuge bei Brandanschlägen beschädigt. Die israelischen Sicherheitskräfte haben jüdische Extremisten als Täter im Visier, junge Leute, die - auch nach israelischem Recht - in illegalen Siedlungsaußenposten leben. Ihre Wut über eine wieder mal erfolgte Räumung lässt diese "Hügeljugend", wie sie genannt wird, dann an Andersgläubigen aus.
Man kann streiten, ob die Sicherheitskräfte bewusst zusahen, weil es jüdische und nicht palästinensische Verdächtige waren, die es zu verfolgen galt, oder ob es die Art der Taten und der gesetzliche Rahmen waren, die Anklageerhebungen verhinderten. Tatsache ist, dass die Regierung nun aufzuwachen scheint.
Es fackeln jetzt nämlich nicht mehr nur durch rassistische Rabbiner aufgestachelte Talmudschüler, sondern religiöse Fanatiker, die ihre eigenen Ideologien entwickelt haben. Selbsternannte Führer mit Erlösungsfantasien, die nicht nur Israel von den Palästinensern befreien, sondern die eigene Regierung hinwegfegen wollen. Verstörend ist, dass Netanjahu mit seinen araberfeindlichen Äußerungen vor der Wahl selbst gezündelt hat.