Kommentar Geistiges Eigentum - Neue Spielregeln

Guttenberg, Chatzimarkakis, Mathiopoulos - bei diesen drei Plagiatsfällen stand am Ende der Entzug des Doktorgrades. Es ließen sich noch mehr gestrauchelte Plagiatssünder aufzählen. Prominenz hin, Prominenz her - diese Fälle konnten die Universitäten nicht auf sich beruhen lassen.

Doktor weg, Reputation dahin. Deutlicher konnte ein Votum gegen Täuschung im Wissenschaftsbetrieb und Raub geistigen Eigentums nicht ausfallen. Die Universitäten haben getan, was zu erwarten war. Es geht um wissenschaftliche Standards und den Forschungsstandort Deutschland. Dort die Regularien aufzuweichen, hätte die Integrität der Hochschulen untergraben.

Einen wichtigen Effekt der Maßnahmen nennt der Dekan der Philosophischen Fakultät an der Bonner Universität, Paul Geyer: Die Entscheidung, Margarita Mathiopoulos wegen nachgewiesener Täuschung in ihrer Dissertation den Doktortitel zu entziehen, habe Signalwirkung für alle Menschen, die an Dissertationen arbeiten und in der Wissenschaft tätig sind. Soweit der Bereich der universitären Hygiene und wissenschaftlichen Anständigkeit.

Die am Mittwoch gefallene Bonner Entscheidung trägt weiter. Sie kommt gerade recht in einer breiten Diskussion über Urheberrecht und den Wert geistigen Eigentums, die die Partei der Piraten angestoßen hat. Mundgerecht für eine Internet-Community, die es gewöhnt ist, Inhalte gratis aus dem Netz zu holen, rufen die Piraten auf, geistiges Eigentum zu vergesellschaften, die Urheber des Wortes, des Films und der Musik zu enteignen.

Die Welt des Internets, der globalen Vernetzung existiert nur durch den freien und ungehinderten Fluss von Informationen. Was für politische Prozesse durchaus zur Belebung beitragen kann, bedeutet für Urheber möglicherweise den Todesstoß. Der Netzaktivist Sascha Lobo lobte unlängst: "Digitale Demokratie ist transparente Politik zum Mitklicken". Die Piraten haben mit ihrer Infragestellung von Verwertergesellschaften wie der Gema, mit ihrer Initiative, die Schutzfristen für Software drastisch zu lockern und ihrem Plädoyer für die Freigabe von allen möglichen Netz-Inhalten für den persönlichen Gebrauch ein großes Fass aufgemacht.

Die Universitäten haben gerade eines zugemacht. Nicht nur durch die drastischen Entscheidungen in diversen Plagiatsfällen. Auch strukturell hat man einiges verändert: Studenten haben neue Regeln eingeführt, es gibt Verträge zwischen Promovenden und Betreuern sowie deutliche Sanktionen. Schließlich muss die Dissertation in elektronischer Fassung eingereicht werden, damit der Plagiats-Check einfacher wird.

Geistiges Eigentum braucht Schutz, es muss Spielegeln geben. Auch im Internet. Eine effektive Netzpolitik sollte aber ein Anliegen aller Parteien sein, nicht nur der Piraten.

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