Kommentar zum Bundesliga-Neustart Gelungenes Experiment
Meinung | Bonn · Das war er also, der erste Geisterspieltag der Bundesliga-Geschichte: Und dieser war „ziemlich keimfrei“, wie unser GA-Redakteur kommentiert.
Stell dir vor, es ist Bundesliga und keiner geht hin. Was vor Monaten noch ein saudämlicher Witz gewesen wäre, ist seit Samstag Realität. Das war er also, der erste Geisterspieltag der Bundesliga-Geschichte. Und man kann schon sagen: Er war ziemlich keimfrei.
Keine ansteckende Atmosphäre, kein grassierendes Fußballfieber. Vielmehr wirkte das Geschehen auf und rund um den Rasen höchst steril. Und genau das sollte es ja auch sein. Denn allen Unkenrufen zum Trotz hielten sich die von vielen zuletzt als böse Burschen in kurzen Hosen gescholtenen Fußballprofis an die Hygienevorschriften der DFL. Schutzmasken, desinfizierte Bälle, Interviews auf Distanz mit Mikro an der Stange. Schöne neue Fußball-Welt.
Wenn da nicht mal wieder die Berliner mit ihrem zu innigen Jubel gewesen wären. Hertha-Coach Bruno Labaddia fand’s halb so schlimm, schließlich umarmten sich die Spieler ja nur untereinander und sind eh seit einer Woche gemeinsam in Quarantäne. Dass die Berliner wieder ein wahrlich schlechtes Vorbild ablieferten, scheint Labaddia zu übersehen.
Trotzdem kann von einem insgesamt gelungenen Experiment gesprochen werden. Die Spiele waren trotz fehlender Atmosphäre und langer Trainingspause der Aktiven durchaus ansehnlich. Die befürchteten Fanzusammenrottungen vor den Stadien oder in Kneipen blieben aus. Dafür schauten mehr als fünf Millionen Menschen allein in Deutschland live im Fernsehen zu.
Der deutsche Profifußball hat damit bewiesen, dass er ein anscheinend funktionierendes Konzept in der Corona-Krise hat. Selbst aus der Politik gibt es Anerkennung, die internationale Presse überschlägt sich gar in ihrem Lob. Und all die Fußballanhänger in Deutschland können endlich wieder über ihren FC jubeln, über die blöden Bayern lästern oder sich über den Videoassistenten aufregen – und über andere Dinge diskutieren als Fallzahlen und Ansteckungsrate.