Zum Mindestlohn Glücksfall

Berlin · Das ist eine gute Nachricht für Geringverdiener. Der Mindestlohn macht sich vor allem in der Geldbörse von Ungelernten und Angelernten bemerkbar. Bei denjenigen, die viele Stunden schuften, harte Jobs machen und trotzdem jeden Cent umdrehen müssen.

Für viele bedeutet das zudem, nicht mehr auf Hilfen vom Staat angewiesen zu sein, sondern sichere Jobs zu haben. Das Gesetz zeigt also Wirkung, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer Zwischenbilanz verzeichnet.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und die Bundesregierung können sich freuen, dass das Gesetz nach so erbitterten Auseinandersetzungen Anfang des Jahres in Kraft trat. Bereits jetzt ist klar: Die wachsende Zahl an Migranten, an Flüchtlingen wird den deutschen Arbeitsmarkt herausfordern. Nur die wenigsten bringen gute Qualifikationen mit, werden am Jobmarkt sofort fündig. Ein Großteil wird erst einmal Arbeiten übernehmen, für die weder perfekte Deutschkenntnisse noch Zeugnisse eine große Rolle spielen.

Genau sie gilt es vor Ausbeutung zu schützen - genauso wie die heimischen Niedrigverdiener. Der Mindestlohn ist ein Glücksfall für die Politik. Ohne den Schutz der Lohnuntergrenze könnte es leicht zu einer Konkurrenz-Situation zwischen den "neuen" und den "alten" Geringverdienern kommen.

Der Mindestlohn muss daher unantastbar bleiben. Weder die Arbeitgeber noch Skeptiker aus der Union sollten an den bisherigen Vorgaben rütteln oder versuchen, diese zu verwässern.

Umso wichtiger ist es, an Kontrollen der Unternehmen festzuhalten. Seit Beginn des Jahres wurden rund 25.000 Prüfungen von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit angesetzt. Nur rund 300 Verstöße wurden aufgedeckt und sollen nun auch juristisch verfolgt werden. Nicht nur die Gewerkschaften sind skeptisch, ob die Zahlen der Wirklichkeit entsprechen.

Gerechtere Löhne bedeuten jede Menge Papierkram und scharfe Kontrollen. Denn: Nur eine Gesetzgebung, die konsequent umgesetzt wird und schwarze Schafe mit hohen Strafen verfolgt, kann den Betrügern das Handwerk legen. Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen auf Baustellen, in Restaurants und Kneipen die Mitarbeiter zu Hungerlöhnen schuften oder auf ihr Geld lange warten müssen. Von Mindestlöhnen wollen die Chefs dort nichts wissen. Stattdessen tricksen sie bei den Stundenzetteln oder verrechnen Trinkgelder mit dem Lohn.

Mit der aktuellen Anzahl an Zollbeamten ist das nur schwer zu schaffen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bereits zugesagt, rund 1 600 weitere Beamte für den Job abzustellen. Dazu muss er stehen - nicht zuletzt wegen der Flüchtlingskrise. Die Aufnahme von Flüchtlingen darf nicht zum Türöffner für Billig-Jobs werden.

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