Kommentar Gurlitts Erbe - Triumph der Moral

Nein, so richtig glücklich sind die Schweizer nicht über das Erbe der Gurlitt-Sammlung. Denn bis das Kunstmuseum Bern sich im Glanz der Schätze sonnen kann, die einst Cornelius Gurlitts Vater Hildebrand, bei den Nazis akkreditierter Kunsthändler, zum Teil aus jüdischem Kunstbesitz zusammenraffte, das kann dauern.

Und wird vielleicht nie Realität werden. Es ist ein schwieriges Erbe: Denn jedes der rund 500 kritischen Werken muss mit Datenbanken verglichen und im Internet publiziert werden, um potenziellen Nachkommen der geschädigten Kunstbesitzer eine Chance zu geben, die während der Nazidiktatur geraubten oder abgepressten Kunstwerke wieder zurückfordern zu können.

Der Stiftungsratspräsident des Berner Museums meinte gestern, das Erbe löse keine Triumphgefühle aus. Das sei nicht angebracht.

So lange nicht jede Erwerbung akkurat dokumentiert und die Hintergründe zweifelsfrei aufgeklärt sind, so lange also die Gurlitt-Task-Force arbeitet, lagern 500 Werke in einem Münchner Hochsicherheitsdepot.

Um die Recherchemöglichkeiten etwa für potenziell geschädigte Museen zu verbessern, werden sogar die Geschäftsbücher des Kunsthändlers ins Internet gestellt. Die Bundesregierung stellt sich beim Thema NS-Raubkunst ihrer moralischen Verantwortung, sorgt für größtmögliche Transparenz und will sogar die Rechtskosten für die Restitution Bildern übernehmen.

Diese Haltung ist neu. Früher ist man nicht so souverän und umsichtig mit dem Thema umgegangen. Also doch ein Triumph? Ein Triumph der Moral.

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