Kommentar Herbst-Vollversammlung der Bischöfe - Kirche hat Zukunft

Es war die letzte Vollversammlung der 67 Bischöfe aus den 27 deutschen Diözesen, die von ihrem aus Altersgründen ausscheidenden Vorsitzenden Robert Zollitsch geprägt wurde.

Auf der nächsten Vollversammlung im kommenden Frühjahr wird ein Nachfolger für den 75-jährigen Freiburger Erzbischof gewählt. Als er und nicht der damals bereits favorisierte Münchener Kollege Reinhard Marx zum Nachfolger des populären Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann bestimmt wurde, galt er den meisten als Übergangskandidat.

Doch Zollitsch erwies sich sehr schnell als Glückfall für die rund 26 Millionen deutscher Katholiken: Er griff im Missbrauchskandal, der die Kirche im Mark erschütterte, hart durch und setzte gegen anfänglichen erheblichen inneren Widerstand den Dialogprozess durch, der bis 2015 terminiert ist, um eine Bestandsaufnahme der Fragen, die den Gläubigen auf den Nägeln brennen, zu ermöglichen.

Nicht zuletzt unterstützte er nach Kräften die Forderungen nach mehr Mitbestimmung von Frauen und Laien in der Kirche und förderte wie kein zweiter katholischer Bischof die Ökumene. Auf dem Berliner Parkett ist Erzbischof Zollitsch ein gefragter Gesprächspartner.

Was ist das Geheimnis des 75-Jährigen, der vom badischen Liberalismus geprägt ist? Zollitsch ist vor allem ein Zuhörer, ein Seelsorger, ein Vermittler. Das hat der Bischofskonferenz in den zurückliegenden Jahren gut getan, die intern alles andere als eine homogene Gruppe ist.

Zugleich hat Zollitsch immer deutlich gemacht, dass die schwierigen, vor allem durch den großen Priestermangel bedingten Strukturfragen wichtig, aber nicht zentral sind. Zentral war für den bescheidenen Freiburger Erzbischof stets die zeitgemäße Verkündigung, die dem Menschen zugewandte Seelsorge und die Ermutigung der Laien, Verantwortung für die Kirche und die Gesellschaft zu übernehmen.

Kein Wunder also, dass Zollitsch sich besonders Papst Franziskus verbunden fühlt und ihn als Vorbild für eine erneuerte Kirche ansieht. Und Erneuerung tut der Kirche not, was der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in seinem letzten Grundsatzreferent in Fulda deutlich machte.

Denn die durchschnittliche Teilnahme der Gläubigen an der sonntäglichen Eucharistiefeier ist weit unter 20 Prozent gesunken. Die Austrittszahlen liegen noch immer bei 100 000 und mehr pro Jahr. Die teilweise sehr groß gewordenen Seelsorgebezirke haben zu einer Ermüdung vieler Pfarrangehöriger geführt. Das alles aber höhlt die Kirche aus.

Glaubwürdig setzt sich Zollitsch für den Menschen in seiner konkreten Situation ein und will ihm Antworten auf seine existentiellen Fragen geben. Er gibt niemanden auf. Auch nicht die geschiedenen Wiederverheirateten, denen er gern wieder den Weg zur Teilnahme an den Sakramenten frei machen würde.

Dass er mehr Einheit unter den getrennten Konfessionen wünscht, hat er beispielhaft in seiner Erzdiözese mit seinem evangelischen Bischofskollegen in Karlsruhe, Ulrich Fischer, vorgelebt. Nicht nur die katholische Kirche wird ab dem Frühjahr die Stimme Zollitschs vermissen, sondern auch die Gesellschaft, die zunehmend meint, ohne Himmel auskommen zu können.

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