Kommentar zum Flugzeugabschuss Hochbrisant
Der Abschuss des russischen Kampfflugzeuges an der türkisch-syrischen Grenze ist genau jenes Ereignis, das Ankara und Moskau immer vermeiden wollten. Der Zwischenfall zeigt die gefährliche Dynamik des Syrien-Konfliktes: Eine plötzliche Eskalation kann alle besonnenen politischen Überlegungen über den Haufen werfen. Am Ende könnte der Islamische Staat der lachende Dritte sein.
Politiker in der Türkei und in Russland haben nicht nur die Interessen ihrer Länder im Kopf, sondern auch die jeweilige Innenpolitik. Türkische Regierungsmitglieder und Militärs sahen sich nach mehrmaligen Warnungen an die Adresse Moskaus und nach Beschwerden über russisch-syrische Angriffe auf das mit Ankara verbündete Volk der Turkmenen gezwungen, auch einmal zu handeln, statt nur zu reden. Für die Weltmacht Russland, die in Syrien ihre Stärke demonstrieren will, ist der Abschuss ein Affront, der von Wladimir Putin wohl nicht einfach so hingenommen werden kann.
Darin liegt die unmittelbare Gefahr der kommenden Tage. Nach dem Abschuss gehen sowohl die türkischen Patrouillenflüge an der Grenze zu Syrien als auch die russischen Luftangriffe im Norden Syriens weiter. Eine neue Konfrontation ist also möglich.
Doch auch wenn ein neuerlicher Zusammenstoß vermieden werden kann, hat der Abschuss die Suche nach Frieden in Syrien weiter erschwert. Schon bisher konnten sich Länder wie die Türkei und Russland, die in Syrien gegensätzliche Interessen verfolgen, kaum auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Das wird ab sofort noch schwerer.