Kommentar Hoffnung für Athen

Brüssel · Für die Griechen hatte das Grauen einen neuen Namen: Troika. Unnachgiebig drängten die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds auf Reformen, ehe es Geld aus der Euro-Notkasse gab. Die Task Force sollte assistieren, helfen, mit Rat und Tat zur Seite stehen und wurde rasch ebenso zum Feindbild.

Das Besondere an dem jetzigen, vierten Bericht dieses Expertengremiums ist sicher die Tatsache, dass es nicht von nur einer Schwalbe spricht, die in der Tat noch keinen Sommer machen würde. In Athen beginnen, wie es in dem Papier heißt, Veränderungen "auf breiter Front" Kreise zu ziehen. Das fängt beim Umbau der Verwaltung inklusive der Steuerbehörden an. Dazu gehört die Beschleunigung von Genehmigungsprozessen für Exportgüter.

Und das reicht bis hin zur Umsetzung von millionenschweren Infrastruktur-Vorhaben, die vielen Tausend Menschen Arbeit geben werden, wenn der erste Spatenstich geschafft ist. Es ist richtig: Griechenland ist noch lange nicht über den Berg. Die Reformen müssen mit unverändertem Tempo fortgeführt werden, weil noch wirklich viel zu tun bleibt. Aber man darf auch einmal sagen: Es wurde schon einiges geschafft.

Diese Botschaft geht nicht nur an die Geberstaaten, die nun ohne schlechtes Gewissen die nächste Rate der Hilfszahlungen anweisen können. Es ist auch ein Signal an die Bevölkerung, die seit nunmehr drei Jahren einen beispiellosen Absturz ihres Landes miterleben musste. Und die weiter unter der Perspektivlosigkeit leidet.

Denn das ist das wirklich Grausame an dieser Reparatur Griechenlands: Bis die Aufhellungen, die sich jetzt an ersten Zahlen ablesen lassen, bei den Menschen ankommen, wird es weiterer, schwerer Opfer bedürfen. Das aber bedeutet nicht weniger als den Verlust von Existenzen und das Zerbrechen von sozialen Strukturen. Natürlich hilft die EU, wo sie kann. Aber man stellt kein Land von einer Misswirtschaft auf eine wettbewerbsfähige Ökonomie in wenigen Jahren um.

Die behutsamen Anzeichen für einen Erfolg der Reformen könnten auch anderen Euro-Ländern zeigen, dass die Auflagen der Troika keineswegs nur Folter-instrumente zur Disziplinierung unliebsamer Regierungen sind, sondern eine Chance bieten. Das gilt für Portugal ebenso wie für Irland, Spanien und Italien.

Der dortige neue Ministerpräsident Enrico Letta hat sich in seinen ersten Äußerungen vom Spar-Druck Brüssels distanziert. Auf Dauer aber wird er um eine Sanierung Italiens nicht herumkommen. Dass der neue Mann in Rom wenig Lust auf die Bevormundung durch externe Experten hat, mag ja sein. Aber vielleicht versteht er bald, dass solche Experten das Beste sind, was ihm passieren kann: Er kann durchsetzen, was nötig ist, und hat zur Not schon einen Sündenbock.

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