Kommentar zum Impeachment gegen Donald Trump Politischer Prozess

Meinung · Es gibt niemanden, der den US-Präsidenten im Geheimdienstausschuss entlastet hätte. An der Substanz der Vorwürfe also kann kein neutraler Beobachter mehr zweifeln. Nur ist ein Impeachment-Verfahren kein juristischer, sondern ein politischer Prozess. Am Ende gewinnt, wer die eigene Partei bei der Stange hält.

US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung.

US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung.

Foto: dpa/Brynn Anderson

Irgendwann im Dezember werden die US-Demokraten die Amtsenthebung des amerikanischen Präsidenten beantragen. Das Repräsentantenhaus wird mit ihren Stimmen, den Stimmen der Mehrheit, ein Impeachment Donald Trumps beschließen. Daran kann es bei nüchterner Betrachtung der Dinge keinen Zweifel mehr geben. Zu eindeutig haben Regierungsmitarbeiter, ehemalige wie aktuelle, vor dem Geheimdienstausschuss der Kammer bestätigt, dass Trump Druck auf die Ukraine ausübte, um mit deren Hilfe dem innenpolitischen Rivalen Joe Biden zu schaden.

   Es gab keinen, der den Präsidenten entlastet hätte. Nicht einmal Gordon Sondland, ein Hotelier, der als Botschafter nach Brüssel geschickt wurde, nachdem er eine Million auf Trumps Spendenkonto überwiesen hatte, ließ sich vor den Karren des Weißen Hauses spannen. Ausgerechnet der vermeintliche Trump-Freund durchkreuzte das Ausweichmanöver, das konservative Abgeordnete zu fahren versuchten, als die Last der Fakten sie förmlich erdrückte. Nach ihrer Version waren es einige außer Rand und Band geratene Akteure, allen voran Trumps Anwalt Rudy Giuliani, die Kiew zu erpressen versuchten, ohne dass man im Oval Office davon wusste.

An der Substanz der Vorwürfe also kann kein neutraler Beobachter mehr zweifeln. Nur ist ein Impeachment-Verfahren kein juristischer, sondern ein politischer Prozess. Am Ende gewinnt, wer die eigene Partei bei der Stange hält.

Wenn im Senat die eigentliche Verhandlung beginnt, wenn den 100 Senatoren eine Rolle zukommt, wie sie die Geschworenen einer Jury zu spielen haben, dann muss Trump verhindern, dass 20 der 53 Republikaner die Seite wechseln. Er muss abwenden, dass sie mit den 47 Demokraten eine Zweidrittelmehrheit bilden. Also skizziert er ein Szenario, das einzig dem Zweck der Abschreckung dient. In einem Wahljahr zur Keule des Impeachments zu greifen, laufe das nicht auf eine Entmündigung des Souveräns hinaus, der im November das entscheidende Wort spricht?

Gewiss, manchen Republikanern dürfte es heute schon schwerer fallen, in der Wagenburg zu bleiben. Manche flehen Trump an, er möge Fehler zugeben, Fehler, die in ihren Augen noch keine Amtsenthebung begründen. Solange sich die öffentliche Meinung nicht dreht, dürften es aber nur die wenigsten wagen, sich mit der Opposition zu verbünden. Und dafür, dass sie sich dreht, spricht im Augenblick wenig bis nichts.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Leerstand ist keine Option
Kommentar zu den Problemen der Vermieter Leerstand ist keine Option
Nicht alles gut
Kommentar zum Wechsel im Amt des Datenschutzbeauftragten Nicht alles gut
Zum Thema
Donald Trump zunehmend nervös
US-Richter veröffentlicht Dokument zum Durchsuchungsbefehl Donald Trump zunehmend nervös
Nur eine Wahl
Kommentar zu den Ermittlungen gegen Donald Trump Nur eine Wahl
Rechtsstaat in Aktion
Kommentar zu Ermittlungen gegen Trump Rechtsstaat in Aktion
Aus dem Ressort
Die Mitte stärken
Kommentar zum Brandanschlag auf das Göttinger Ausländeramt Die Mitte stärken
Chance vertan
Kommentar zur Bildungspolitik in Deutschland Chance vertan