Kommentar Ja zur US-Gesundheitsreform - Obamas Triumph

Die Verfassungsrichter haben der Gesundheitsreform Präsident Barack Obamas eine überraschend günstige Diagnose gestellt. Sie erklärten wesentliche Teile des Gesetzes für konform mit der Verfassung.

Allen voran das so genannte "individuelle Mandat", das alle Amerikaner ab 2014 dazu verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen.

Doktor Obamas Verschreibungen zur Genesung des amerikanischen Gesundheitswesens erhielten durch den Richterspruch damit ihre offizielle Zulassung. Politisch lässt sich die knappe Entscheidung des im Kern konservativen Gerichts nur als Triumph für den Amtsinhaber werten.

Die Richter geben Obama einen kräftigen Vitaminstoß für den Wahlkampf im Herbst. Gegen den Rat vieler seiner Verbündeter und der Besserwisser in den Medien hatte der Amtsinhaber mutig sein politisches Kapital für die Jahrhundertreform eingesetzt, um einen moralischen Skandal im reichsten Land der Welt zu beenden.

So stolz wie Obama darauf sein durfte, eine allgemeine Krankenversicherung durch den Kongress zu bekommen, so sehr muss er sich durch das Urteil des Supreme Courts nun bestätigt fühlen. Er hat damit seinen Platz im Geschichtsbuch sicher.

Der andere große Gewinner ist das Verfassungsgericht, das unter seinem Vorsitzenden Richter John Roberts zunehmend in den Ruf geraten war, entlang ideologischer Positionen zu entscheiden. Dass nun ausgerechnet Roberts sich auf die Seite der vier moderaten Richter schlug, und den Streit um die Reform nach den Buchstaben der Verfassung entschied, spricht für seine Integrität. Er bewahrt das Oberste Gericht damit vor weiterem Ansehensverlust.

Gewonnen haben mit dem Urteil vor allem die Amerikaner selbst, die von den Reformen profitieren werden. Ganz besonders die 50 Millionen Menschen ohne Krankenversicherung. Der Verlierer des Tages heißt Mitt Romney, der sich den Gegnern von "Obama-Care" politisch so weit anbiederte, dass er seine eigene Gesundheitsreform in Massachusetts verleugnete. Als Gouverneur hatte er dort als erster eine allgemeine Krankenversicherung eingeführt.

Diese beruht auf einem marktwirtschaftlichen Modell, das die konservative Heritage-Stiftung einmal als Alternative zur gescheiterten Gesundheitsreform Bill Clintons propagiert hatte. Romney muss nun in die politische Notaufnahme, weil er mit seinem Opportunismus bösen Schiffbruch erlitten hat.

Obama und seine Parteifreunde sollten dennoch nicht übermütig werden. Die Wahlen im kommenden November hat er noch lange nicht gewonnen. Letztlich dürfte das Thema Gesundheitsreform ohnehin nicht über den Ausgang entscheiden. Im November geht es um die Situation der Wirtschaft und Jobs. Hier gibt es kein Verfassungsgericht, das Obama helfen kann.

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