Kommentar Jürgen Nimptschs Essay: Nur ein Versuch

Ein Essay ist, wörtlich übersetzt, ein Versuch. Als literarische Gattung versteht man darunter eine geistreiche Abhandlung, in der wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Phänomene betrachtet werden. Jürgen Nimptschs Essay "Wider den Kulturinfarkt" ist ein Versuch - nicht mehr.

Der Oberbürgermeister, der sich gern auf dem kulturellen Parkett versucht hat - und dabei keine gute Figur abgab - , bleibt bei seinen Gedanken zu sehr an der Oberfläche, lässt es bei Analysen und Visionen an Präzision und rein literarisch an Brillanz fehlen.

Die Kernfrage, die er stellt, ist aber richtig. Und dass ein OB sie stellt, ist wichtig. Wie lassen sich angesichts des gewaltigen Schuldenstands von 1,4 Milliarden Euro ein Gemeinwesen, eine Kulturlandschaft erhalten und finanzieren? Nimptschs Antwort: Ein gedeckelter Zuschuss fürs Theater ohne Tarif- und Inflationsausgleich, teurere Tickets, außerdem Kulturkooperationen, etwa mit Köln, und vage Einsparungsmöglichkeiten. Ein großer Wurf ist das nicht.

Dabei hat Nimptsch gerade hundert Kulturexperten im Haus, die an Runden Tischen die Bonner Kultur analysieren und keinen Stein auf dem anderen lassen. Geballter Sachverstand. Ein Kulturmasterplan ist in Arbeit - und da kommt Nimptsch mit einem Essay. Mit einem Versuch, hochkomplexen Problemen mit simplen Rezepten beizukommen.

Man hätte mehr erwarten können von einem Stadtoberhaupt, das sich kulturaffin und als Opernfreund gibt. Doch es blieb bei einem Versuch.

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